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Wed Jun 28 21:35:15 CEST 2017    |    eggilinovic    |    Kommentare (5)    |   Stichworte: Hublift, Joystck, Paravan, Rollstuhl

lift
Lift

Endlich! Geschafft. Rund 3 Jahre Zweifel, Kampf und Geduld sind am Ende belohnt: Ich fahre meine eigene V-Klasse. Nix besonderes? Naja...

 

Ich habe Muskelschwund im fortgeschrittenen Stadium, benutze einen elektrischen Rollstuhl und bin zwingend auf Hilfe durch Personen angewiesen. Ich bin seit Geburt in dieser Weise körperlich behindert, also gelernt irgendwie zu kämpfen. Das Unmögliche möglich zu machen. Schule, Abi und Beruf, alles nur unter Widerständen überhaupt möglich. Führerschein und Auto fahren? Ja! Ich hatte bereits mit 19 als Rollstuhlfahrer meinen Führerschein gemacht und nacheinanderb zwei Fahrzeuge selbst gesteuert: Einen Ford Transit und einen amerikanischen Windstar, allerdings "nur" mit hydraulischen Fahrhilfen -dazu benötigt man immer noch Kraft. Also das, was mich weitgehend verlassen hat. Ich habe dann irgendwann aufgehört, selbst zu fahren und mich per VW- Bus fahren lassen. Besser als nix... aber mehr auch nicht.

 

Es geht in so einer Situation um soviel mehr, als "irgendwie" von A nach B zu kommen. Zum Beispiel darum, MAL nicht "bitte" und "danke" zu sagen. In meinem Kopf war mir das immer gegenwärtig. Und inzwischen ist die Technik, speziell für behindertengerechte Umbauten, erheblich fortgeschritten. Voll elektronische Systeme, sogenanntes "drive-by-wire", damals noch undenkbar inzwischen längst marktreif -mit penibler TÜV-Zulassung. Mehrfach redundante Systeme im Falle technischer Störungen sind z.B. selbstverständliche Voraussetzung dafür.

 

Meine Cahnce. "Lass dich niemals und von nichts im Leben aufhalten" -das hat mal beiläufig jemand just zu der Zeit zu mir gesagt. Hmm... Leicht gesagt.

 

Andererseits... Ok, also Eier zurecht gerückt und ab dafür.

 

Zunächst mal echtes Ausprobieren unter tatsächlichen Bedingungen. Prospekte und Verkäufer Gequatsche bringt mir nix. Erste Fahrproben mit einem Kia mit Joystick- Lenkung und Joystick - Gas auf einem Verkehrsübungsplatz in Köln. Erfolgreich. Could it happen? Zweifel nagen immer noch: Verantwortung habe ich nicht nur für mich, sondern alle anderen Verkehrsteilnehmer. Was wenn... so ein System ausfällt? Kann ich mit meiner Behinderung wirklich jederzeit so ein Fahrzeug fahren? Was wenn...

 

Also weitere Fahrten. Gutachten. Medizinische, technische. Durch die halbe Republik bin ich dafür gefahren, nebenbei auch hunderte Euro investiert. Private Fahrstunden, Verkehrssituationen aller Art getestet, vom rangieren mit einem umgebauten XL-Sprinter in einer Fußgängerzone, Serpentinen bis hin zur Fahrsicherheits- Vollbremsung. Am Ende: Ja, es geht. Sogar sehr gut.

 

Von da an gabs kein Halten mehr. Jahrelange Auseinandersetzungen mit Behörden folgen. Am Ende habe ich es geschafft. Alle Ersparnisse sind investiert, Zuschüsse realisiert.

 

Jetzt fahre ich "meinen" Wagen. Im elektrischen Rollstuhl sitzend über einen Hublift ins Auto, verankert hinter dem Lenkrad, mit Doppel-Joystick zum Bremsen/Gasgeben und Lenken, Touchscreen und Sprachsteuerung für alle Sekundärfunktionen vom Scheibenwischer bis zum Radio. Mit dem Handy als Fernbedienung zum Öffnen/Schließen etc. Ganz und gar selbstständig. Und darüber hinaus kann meine spezial V-Klasse auch flux für den "normalen" Betrieb umgesetzt -so werde ich bei Bedarf auch mal zum Mitfahrer auf der Beifahrerseite.

 

Endlich fahre ich wieder selbst. Ich entscheide selbst, wann wie wohin. Glaubt es oder nicht, aber ich "freue" mich sogar über mein erstes Knöllchen in den Niederlanden ( 4 km/h zu schnell, 35 Euro -lol). Danke an alle die mitgeholfen haben, danke auch an Paravan und Mercedes.

 

Fazit: Vielleicht nicht wirklich alles, aber vieles ist machbar. Technisch sowieso. Nur Mut an alle, die wie ich zweifeln "kann ich.. soll ich... darf ich..." Ja verdammt.

 

Hat jemand Interesse oder Fragen? Jederzeit. Ich helfe gern, wenn ich kann. Ich komme aus NRW und kann den Wagen ggf auch mal vorführen...

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Wed Jun 28 23:08:12 CEST 2017    |    Batterietester134860

Glückwunsch zum erfolgreichen fahren. Wie lange brauchst du ungefähr vom Einsteigen bis zum Fahrbereit machen?

Thu Jun 29 08:26:59 CEST 2017    |    PIPD black

Vielen Dank für diese selten Einblicke in eine "andere" Autofahrenwelt.

Ich glaube gern, dass das ein ganz besonderes Gefühl ist, wenn man all den Kampf hinter sich lassen kann und diese neu gewonnene Freiheit nutzen darf und kann.

Ich wünsche gute und unfallfreie Fahrt und auch, dass das Auto fehlerfrei funktioniert bzw. das Probleme anstandslos behoben werden. Der Erfahrung im Caddy-Forum mit einem umgebauten Caddy lehrte leider das Gegenteil. Umbauer und Fahrzeughersteller schoben sich die Schuld gegenseitig zu. Am Ende stand nach langer Zeit ein Vergleich mit VWN und damit einhergehend der (Zwangs)Kauf eines T5.

Wie gesagt, ich wünsche viele promblemlose Kilometer.:)

Thu Jun 29 14:27:33 CEST 2017    |    HerrLehmann

Glückwunsch zur Mobilität!

 

Zitat:

Jahrelange Auseinandersetzungen mit Behörden folgen. Am Ende habe ich es geschafft. Alle Ersparnisse sind investiert, Zuschüsse realisiert.

Dies interessiert mich näher. Was bekommt man für so eine Lösung an Zuschüssen und wie hoch ist der finanzielle Eigenanteil %ual?

 

Gute Fahrt weiterhin.

Thu Jun 29 14:57:05 CEST 2017    |    PIPD black

Hallo HerrLehmann,

 

kennst du das entsprechende Forum auf MT schon?

Falls nicht, hier der Link:

https://www.motor-talk.de/.../behindertengerechte-mobilitaet-b403.html

 

Ich denke, pauschale Aussagen kann man da gar nicht treffen, dafür ist jeder Fall zu individuell.

Auch die Zuständigkeiten sind unterschiedlich und hängen von den verschiedensten Faktoren ab.

Fri Jun 30 15:20:38 CEST 2017    |    eggilinovic

@Paitchang : Lustig, dass du fragst... Bist du vom Fach ;) Ja, der Prozess dauert. Habe das noch nicht gestoppt, aber gefühlt so ca 15 Min. Also "mal schnell ins Auto springen und los" läuft nicht -was ich gern in Kauf nehme. :)

 

@PIPD black : Ja, das kenne ich auch zu Genüge von meinen letzten Fahrzeugen. Und ja, die Binsenweisheit gilt: Viel Technik kann auch viel kaputt gehen... Bin gespannt, wie es diesmal läuft, die Hoffnung stirbt zuletzt.

 

@HerrLehmann @PIPD black : In der Tat ein weites Thema, das den Rahmen hier sprengt. Allgemein gilt: Wer wie ich noch voll berufstätig ist hat eine gewisse Chance die erforderlichen Umbauten (nach Gutachten) bezuschusst zu bekommen. Ansonsten gibt es ggf auch einen einkommensabhängig gestaffelten Zuschuss. Manche (z.B. Familien mit behindertem Kind) gehen leider oft ganz leer aus. Näheres dazu auch hier

www.mobil-mit-behinderung.de

Deine Antwort auf "V-Klasse V250 im Rollstuhl steuern"

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