Die Unbekannten Schwestern - Teil 1, Lister Le Mans

[Trottel2011]

Hallo Motor-Talker!

Kein ChromIch möchte versuchen eine Reihe an "Sonderartikeln" zum XJ-S bzw. XJS zu bringen. Es geht hierbei NICHT um meine Iron Lady, sondern um ihre Schwestern, sei es hübscher, schneller oder praktischer Schließlich ist der XJ-S eine besondere Erscheinung und wurde gerne "besonderer" gemacht

Dieser Artikel behandelt die schnelle, kräftige Schwester: den Lister Le Mans

Starke FrontLister ist eine Jaguarkreisen bekannte "Tuningschmiede" der Jaguarfahrzeugen sowie Verbauer von älteren Maschinen. Besonders bekannt ist die Listerausführung der Jaguarrennwagen der 50er und 60er Jahre (D-Type). Der bekannteste Lister dürfte eine Variante des E-Type sein, welches eine bessere Coupéform erhielt und aus Aluminium bestand. Unbekannter dagegen ist sicherlich der Lister, um den es hier geht.

Als der XJ-S 1975 vorgestellt wurde, sollte es den Spagat zwischen Sportwagen und luxuriösen Grand Turismo schaffen. Der E-Type kam einst als Sportwagen zur Welt und wurde verweichlicht und in der Serie III Ausführung war es so "weichgelutscht", dass selbst die XJ6 Limousinen schon besseres Handling hatten!

Lister erkannte die gute Basis und wollte aus dem XJ-S sowas wie ein "Ferrari Killer" machen. Die Basis war gut. Selbstverständlich nahm man den V12. Welche Maschine sonst würde sich dafür eignen? Die Leistung der damals 291 ps starken 5.3l Variante waren noch "Stand der Großserientechnik". Nur "Manufakturen", wie Ferrari oder Lamborghini konnten da mehr aus weniger rausholen. Diese engen Fertigungstoleranzen konnte man bei Jaguar damals nicht bieten.

Viel Blech, wenig GlasEs folgte eine Begutachtung WAS die Maschine KONNTE und darauf hin die Erweiterung WAS es können SOLLTE. Mehr Hubraum war ein "Must Have". So wurde aus dem 5.3l V12 ein 6.0l V12. Diese Ausführung sollte aber nicht das "Maximum" sein. Aus dem XJ-S wurde schon ein "Testarossabesieger". Dieser Leistungsanstieg ermöglichte ein Sprint von 0 auf 60 mph (96 km/h) in 4.5 Sekunden. Damals, in den 80ern, waren das unglaubliche Zahlen! Dies ging natürlich nur in Kombination mit einem 5-Gang Schaltgetriebe von Getrag.

Die höher angebrachten Rückleuchten samt HeckspoilerDer Anfang war mit dem MK I getan. Man kombinierte die Leistungssteigerung mit einer Karosserieumgestaltung. Die Front wurde mit Doppelscheinwerfern versehen. Am Heck wanderten die Rückleuchten etwas nach oben, ein Heckdeckelspoiler wurde serienmäßig verbaut und die hinteren Kotflügel wurden verbreitert, damit 13" Breite Felgen mit 355er Bereifung Platz finden konnte. Wie sollten sonst die damals ca. 350-400 ps (genaue Zahlen sind schwer zu finden) die Straße betreten können? Ebenso wurde Chrom bzw. polierter Edelstahl durch Wagenfarbe ersetzt und ein Satz neue Stoßstangen verbaut. Karosseriemäßig gab es das, was der Kunde wollte. Coupé, Cabriolet, Convertible.

Das ist aber nicht die Krönung. Die nächste Stufe (MK II) sah den Ausbau der Maschine auf 7.0l (!!!) Hubraum vor. Die Leistungsdaten sind hier wieder sehr wage... Man geht von ca. 450 ps aus. Damals, in den späten 80ern, ist das natürlich eine Hausnummer! Diese Leistungsdaten hatten nur wenige Fahrzeuge damals. Besonders in Verbindung mit einer Einspritzung ist das schon ein gutes Ergebnis! Klar, manch V8 in den Staaten hatte da noch mehr zu bieten, aber man sollte bedenken: dieses Auto konnte nicht nur in der Geraden schnell sein, sondern auch noch die Kurven schnell durchfahren! An der Optik wurde nicht viel Geändert.

Leistung in Barockem KleidLuxus en MasseMit dem MK III endete die Lister XJ-S Zeit. Was könnte man machen um aus der damals, verglichen mit dem Serien-XJ-S, braven Basis (wenn man knapp 300 als "brav" bezeichnen möchte) eine brutale, schnelle, extreme Kiste zu machen? Richtig! Mehr Leistung! Wie holt man aber mehr Leistung aus einem stark aufgebohrten V12 mit 7.0l Hubraum? Nun, weiter Aufbohren bzw. den Hub zu vergrößern war nicht möglich. Lister kam an der Grenze des Machbaren an der Maschine heran.

Es bliebt nur die Zwangsaufladung. In den späten 80er Jahren begann die Turbowelle die Massenhersteller zu überrumpeln. Die Technik war im Großeinsatz noch etwas neu (Volvo, Saab, Audi waren da schon weiter aber Jaguar sollte erst mit dem XJ220 den Turbolader entdecken), weshalb Lister die längerbekannte Zwangsaufladung nutze: den Kompressor. Aber nein, nicht EINEN sondern ZWEI Kompressoren hatte man bei Lister in den extrem knappen Motorraum hineingezwengt! Jawohl, ZWEI! Diese erzeugten 0.68 Bar Ladedruck bei Maximaldrehzahl!

Das PrachtstückWas bedeutete das? Das bedeutete, dass die 5 Gang Getrag Schaltbox nicht mehr die Leistung stemmen konnte. Der Motor dagegen schon! Es musste ein anderes Getriebe her! 6 Gänge mussten es sein. Schließlich mussten 830 nm bei 4000 U/Min ausgehalten werden. Standhafte 612 ps generierte der Motor ebei 6000 U/min! Damit wurde der Lister XJ-S in den Kreisen der 200+ mph Klasse aufgenommen. 200 mph sind 320 km/h für die, die kein mph verstehen. Zur Erinnerung: das ist noch in den späten 80ern!!! Und dabei ist die Endgeschwindigkeit noch unbekannt, es traute sich keiner schneller zu fahren!

Ein Supersportwagen, welches den Nordschleifenrundenrekord hielt, der Jaguar XJ220, hatte gerade einmal 399 KW (ca. 550 ps!) und das war dann Anfang 1990!

Der Lister Le Mans MK III (den XJ-S Schriftzug verlor der Lister im Laufe seines Lebens) ist die extremste Ausführung des XJ-S. Extrem schnell und zeitgleich extrem selten! Damals lag der Kaufpreis (1990) bei £77.000 - und das waren NUR die Umbaukosten! Dazu ist noch der XJ-S als Basis zu rechnen! Dieses Extreme wurde aber selbstverständlich mit jaguarmäßigem Luxus begleitet. Innen war Leder und Holz en masse vorhanden. Eine Klimaautomatik sollte, auch bei Tempo 320, noch den Innenraum angenehm kühl halten. Luxus auf extremste Art und Weise!

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Kein Chrom

(Quelle Bilder: Julien Summer Fine Motor Cars, GB)

[Rigattoni]

Wenn ich lese, dass die Arbeit von Trottel als Bastelarbeit hingestellt wird, dann krieg ich Hals...

Sorry, aber das hier hat mit basteln so was von gar nichts zu tun. Das ist hochwertige Restaurator-Arbeit.

Basteln kann man einen Drachen, oder ein Plastikmodell. Manche basteln auch an ihren Autos rum... was man dann als Fachmann auch ziemlich deutlich sieht.

Zum Lister:

My dear mister singing club... Das Teil ist ja mal der Hammer.

Schade, dass heute keine Autos mit Charakter mehr gebaut werden. Solche Autos haben mit Recht noch ihre Liebhaber und das ist gut so!

[Trottel2011]

Ach, ich bin es gewohnt, dass man das 'Basteln' nennt. Schliesslich bastelt man Jaguare immer zu recht

Zum Lister: theoretisch kann man den auch heute noch umbauen lassen. Wenn, dann würde ich nur die Leistung haben wollen... Der Rest ist mir dabei egal

[Duftbaumdeuter48119]

Sorry,so ist das auch nicht gemeint-basteln.Ich weiß schon was da für arbeit und können dahinter steht,hab ich ja auch mal gelernt.

[Käfer1500]

Mir optisch etwas zu krass, aber so waren die 80er ...

Auch ich dachte erst "boaahhh eyy, Manta" - von vorne ähneln die sich wirklich.

Gabs die Lister eigentlich nur als RHD? Und wenn nein, waren die in D zulassbar? Strassenreifen für 200mph+ waren damals ja kaum existent ....

[Trottel2011]

Es gibt wohl ein paar als LHD aber die sind rar und dürften sich im 1-stelligen Bereich bewegen. Man war eher auf die einfachere Zulassungsmöglichkeiten in GB angewiesen.

[knolfi]

@Trottel2011 wann geht's denn weiter? Ich bin schon auf das nächste "PS-Monster" aus dem Hause Jaguar bzw. dessen Tunern gespannt.

Ungeduldige Grüße

knolfi

[Trottel2011]

Ruhig Blut brauner!

Ich recherchiere ausführlich... So wie es viele Journalisten eigentlich sollten bevor sie Artikel veröffentlichen die sich als Enten rausstellen

Der nächste Artikel geht nicht um Leistung...

[Goify]

Sondern es geht um ne Ente?

Wie ist es eigentlich, wenn man heutzutage einen alten V12-Jaguar auf der BAB voll ausfährt. Wird einem Platz gemacht und hört man das Teil wie die Porsches noch nach 2 km röhren?

[Trottel2011]

Nein, es wird Platz gemacht aber man hört dabei nichts. Der Motor ist extrem leise, wenn alles dicht ist

Man hört selbst im Innenraum extrem wenig vom Motor...

[stuntmaennchen]

4.5s sind wirklich korrekt? Gefühlt ein bisschen zu schnell meine ich. Ist nicht wichtig, interessiert mich nur.

[Trottel2011]

Doch, sind die richtigen Zahlen. Mit den breiten Reifen und dem endlosen Drehmoment konte der 6.0l schon. In Automatikform natürlich nicht. Da war schon bei knapp 6.5 Sek. Schluss... Das hat dann schon gereicht um die TH400 zu schrotten.

Man darf nicht vergessen: heutige Supersportwagen sind nicht unbedingt schneller... Früher komnte man auch schnell

[Trennschleifer28934]

Und man musste früher noch mit so einem Auto hinterm Lenkrad arbeiten....

Heute reicht einfach nur Pedal voll durch und die elektronik wirds schon regeln.

[Trottel2011]

Naja, wobei der XJ-S einfach ein Fahrwerk hat, welches als Fahrwerk zu betrachten ist. Simple, originelle Handwerkskunst mit Wissen. Heute wird ja nur igrendwas zusammengeschustert und wenn esbesser werden muss, baut man dann ESP oder Traktionskontrollen ein...

Die einzigen Fahrhilfen, die der XJ-S hat, sind ABS (sehr empfelenswert!) und in V12 Form eine Differenzialsperre. Und die Diffsperre lässt einen häufiger kurbeln wenn es draussen feucht ist

[Rostlöser51926]

Wahnsinn! Dieses Monster sieht so klasse aus. Die 80er waren so ein geile Auto-Zeit...

Dieses Auto bekomme ich jetzt mindestens den ganzen Tag nicht mehr aus dem Kopf.

Da werden ganz starke "Will-haben-Gefühle" wach..

Wahnsinn...