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Oemmedi Fiat 500: Fahrbericht - Zwischen Wahn und Witz - Die Fahrt im 580-PS-Fiat-500

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Der italienische Tuner Oemmedi transplantierte einen V12-Lamborghini-Motor in das Heck eines über 30 Jahre alten Fiat 500. Eine Probefahrt im kleinen Ungetüm.

Fiat 500 mit über 500 PS: Dass der Oemmedi Fiat 500 wirklich fahrbar ist, ist eine Meisterleistung Fiat 500 mit über 500 PS: Dass der Oemmedi Fiat 500 wirklich fahrbar ist, ist eine Meisterleistung Quelle: press-inform

Von MOTOR-TALK-Reporter Wolfgang Gomoll

Acquapendente - Das Industriegebiet der verschlafenen 5.700-Seelen-Gemeinde sieht nicht besonders einladend aus. Rostende Metallteile, abgeholzte Bäume und einfache Wellblechhallen. Aber hier wuchs etwas zusammen, was kaum zusammenzugehören scheint: Ein Fiat 500 von 1971 und ein 580-PS-V12-Motor vom Lamborghini Murcielago.

Am Anfang des hochexplosiven Projekts stand eine Wette zwischen Gianfranco Dini und seinem Sohn Leonardo. Vor sechs Jahren wollte der Vater den Motor eines Porsche 911 in das Heck eines alten Fiat 500 pressen. Der ewig junge Disput zwischen studiertem Automobil-Ingenieur (Sohn) und gewitztem Schrauber (Vater). „Das schaffst du nie“, forderte der Filius seinen Vater heraus. Gianfranco schlug ein und das Ergebnis war ein Fiat 500 mit Porsche-Power.

Als würde man direkt auf dem Motor sitzen. Was ja auch nicht völlig falsch ist Als würde man direkt auf dem Motor sitzen. Was ja auch nicht völlig falsch ist Einmal auf den Geschmack gekommen, legten die beiden nach. Es folgte die erste rein-italienische Hochzeit zwischen dem V8-Motor eines Ferrari 308 und einem Fiat Cinquecento. Der Sound dieser Kreation schmerzt in den Ohren. Die vorläufíge Krönung der Transplantationswut stellt die Kreuzung zwischen dem Fiat 500 von 1971 und dem V12-Triebwerk eines Lamborghini Murcielago dar.

„Das war das schwierigste Projekt“, sagt Gianfranco Dini. Der Grund sind die monströsen Ausmaße des Kraftwerks aus Sant'Agata Bolognese. Der Kopf hinter den Umbauarbeiten war Leonardo. Gearbeitet wurde abends und am Wochenende. Ein Freund half. Schließlich müssen die beiden ja noch ihre Werkstatt betreiben.

Technisch mehr Lambo als Fiat

Das Resultat beeindruckt und verstört gleichzeitig. Der Fiat 500 ist nur noch am Aufbau und den Scheiben zu erkennen. Unter dem Blech musste die Technik komplett verändert werden, denn schließlich sollte der Lambo-Fiat ja nicht nur brüllen, sondern auch fahren.

Ein normaler Fiat 500 des Jahres 1971 würde wahrscheinlich der Wucht des V12 nicht standhalten. Die Konstrukteure bauten also zwei Chassis übereinander, um die Verwindungssteifigkeit zu erhöhen. Die meisten Komponenten stammen vom Motorenspender Lamborghini. Angefangen vom Fahrwerk bis hin zu den knallroten, lederüberzogenen Sportschalen.

Oemmedi Fiat 500 Oemmedi Fiat 500 Quelle: press-inform

Bevor ich mich mit diesem Ungetüm auf die Straße wage, gilt mein besorgter Blick den Reifen. Pirelli P Zero, 18 Zöller. Vorne sind es 235er, hinten 335er. Für Grip ist also gesorgt. Rein in das enge, schlichte Cockpit.

Der Drehzahlmesser ist in der Lenkradnabe fixiert, seine Skala endet erst weit jenseits der 8.000 U/min. Der Tacho reicht bis 400 km/h. Der Rest des Interieurs ist sportlich schlicht: Anzeigen für Öldruck und Wassertemperatur. Zündschloss, Schaltknüppel und ein paar Knöpfe in der Mittelkonsole – das war‘s. Die Sitze sind kein Problem, aber wohin mit meinen Füßen in dem winzigen Fußraum?

„Am besten auf Kupplung und Gaspedal“, witzelt Gianfranco. Mir ist nur bedingt zum Lachen zumute. Irgendwann klappt es dann: Die Kupplung ist getreten, der Schlüssel gedreht und das Untier in meinem Rücken krakeelt los. Das Monster braucht Drehzahlen, also hoch auf 4.000 U/min und die Kupplung gefühlvoll kommen lassen. Blitzartig springt das Gefährt nach vorne.

Atemberaubende Beschleunigung

Oemmedi Fiat 500 Oemmedi Fiat 500 Quelle: press-inform Dann geht alles schnell. Das Getriebe lässt sich präzise schalten, das Auto bringt die Kraft auf die Straße. Die Beschleunigung raubt einem kurz und kräftig die Luft zum Atmen. Der 580-PS-Fiat-500 stürmt los, wie ein Geschoss. Unwillkürlich schießt mir das Märchen vom Lügenbaron Münchhausen durch den Kopf. Die Kanonenkugel. Zum Glück sind die Bremsen kräftig und die Lenkung direkt. Nach ein paar Minuten kommt man mit diesem Brutalo-Italiener gut klar und genießt das Fahrerlebnis. Wie schnell der Mikro-Bolide geht, weiß Gianfranco nicht: „Mehr als 300 km/h sicher“, schätzt er. Genauer kann er es nicht sagen, denn „Es hat sich noch keiner getraut, das auszutesten.“

Zum Glück. Denn auch wenn Leistung satt vorhanden ist, der Physik sind bei der Größe und den Reifen Grenzen gesetzt. Wer die überfährt, bringt sich und andere in Gefahr.

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