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Promillegrenze für Fahrradfahrer - Wer trinkt, soll künftig schieben

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Mit bis zu 1,6 Promille dürfen Fahrradfahrer in Deutschland unterwegs sein. Wer dann noch sicher radelt, riskiert nicht mal ein Bußgeld. Doch das soll sich bald ändern.

Für Radfahrer gilt im Moment eine Promillegrenze von 1,6. Das soll sich bald ändern Für Radfahrer gilt im Moment eine Promillegrenze von 1,6. Das soll sich bald ändern Quelle: picture alliance / dpa

Goslar - Fahrradfahrer dürfen sich in Deutschland ungestraft betrinken. Der Bundesgerichtshof hat den Alkoholgrenzwert vor Jahrzehnten auf 1,6 Promille festgesetzt. Wer weniger Alkohol im Blut hat und unauffällig fährt, muss nicht einmal ein Bußgeld fürchten. Für Radler gibt es keinen sogenannten Gefahrengrenzwert. Ab diesem Wert kann man sein Fahrzeug nicht mehr sicher führen - und riskiert bei einem Verstoß ein Ordnungsgeld.

1,6 Promille ist schon reichlich

Im vergangenen Jahr waren rund 3.400 betrunkene Radfahrer in Verkehrsunfälle mit Personenschaden verwickelt Im vergangenen Jahr waren rund 3.400 betrunkene Radfahrer in Verkehrsunfälle mit Personenschaden verwickelt Quelle: picture alliance / dpa

Gegen das Ungleichgewicht zwischen Kraft- und Radfahrer machen Experten nun mobil: Beim 53. Verkehrsgerichtstag (VGT) im niedersächsischen Goslar soll das Thema "Radfahrer und Alkohol" eine zentrale Rolle spielen. "1,6 Promille, das ist schon reichlich", findet der Präsident des Verkehrsgerichtstages, Kay Nehm. "Dieser Wert ist nicht mehr zeitgemäß", sagt auch Jürgen Koglin, Vizepräsident des Automobil-Clubs Verkehr (ACV). "Wer kein vierrädriges Fahrzeug mehr unter Kontrolle hat, hat auch kein zweirädriges mehr im Griff."

2013 gab es nach einer vom ACE Auto Club Europa veröffentlichten Studie in Deutschland rund 77.000 Unfälle mit Personenschaden, in die Fahrradfahrer verwickelt waren. Mehr als 3.400 dieser Radler waren betrunken. Neuere Untersuchungen zeigten, dass ab einem Wert von 1,1 Promille die alkoholbedingten Ausfallerscheinungen bei Fahrradfahrern stark zunähmen, sagt ADAC-Sprecher Andreas Hölzel.

Betrunkene Radler sind eine Gefahr für alle

Betrunkene Radfahrer gefährden nicht nur sich selbst, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer, sagt eine Sprecherin des Automobilclubs von Deutschland (AvD). Die Grenze für die strafbare absolute Fahruntüchtigkeit sollte deshalb auf den für Autofahrer geltenden Wert von 1,1 Promille gesenkt werden.

"Man kann es nicht lassen, wie es jetzt ist", meint auch Hannelore Herlan von der Deutschen Verkehrswacht. "Der derzeitige Wert von 1,6 Promille ist viel zu hoch." Dabei könne man schon ab 0,3 Promille Entfernung und Tempo eines Autos nicht mehr gut einschätzen. "Bei 0,5 Promille verschlechtert sich die Sehleistung", sagt Herlan. "Und bei 0,8 die Reaktionsfähigkeit."

Schon ab 0,3 Promille können Radfahrer die Entfernung und das Tempo eines Autos nicht mehr richtig einschätzen Schon ab 0,3 Promille können Radfahrer die Entfernung und das Tempo eines Autos nicht mehr richtig einschätzen Quelle: picture alliance / dpa "Die Zeiten, in denen man auch als volltrunkener Fahrradfahrer ungeschoren davon kommt, sollten in jedem Fall vorbei sein", sagt Christian Kellner, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR). Ab 1,1 Promille sollte ein Bußgeld fällig werden.

Grenzwert von 1,1 Promille

Der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) möchte zwar, dass der Grenzwert für die absolute Fahruntüchtigkeit bei 1,6 Promille bestehen bleibt. Radler, die mit einem solchen Wert erwischt werden, verlieren auch den Führerschein. "Wir fordern aber daneben einen Gefährdungsgrenzwert von 1,1 Promille", sagte Sprecher René Filippek.

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) dagegen lehnt neue Promille-Grenzen für Radfahrer ab. "Wer alkoholisiert Auto führt, gefährdet massiv Leib und Leben Dritter", sagt Jörg Elsner. Vorsitzender der DAV-Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht. "Wer alkoholisiert Fahrrad fährt, gefährdet in aller Regel nur sich selbst."

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