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Lesertest: 2er BMW 220d Cabrio - Wenig Platz, viele Häkchen und eine unerwartete Bremsung

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Diesel im Cabrio? Klingt komisch, fährt aber gut. Das sagt MOTOR-TALKer MartinSHL - er war zehn Tage mit dem Testwagen der Redaktion unterwegs, mit einem BMW 220d Cabrio.

BMW 220d Cabrio im Lesertest: MOTOR-TALKer MartinSHL fuhr den Testwagen der Redaktion für zehn Tage BMW 220d Cabrio im Lesertest: MOTOR-TALKer MartinSHL fuhr den Testwagen der Redaktion für zehn Tage Quelle: martin-shl/MOTOR-TALK

Von MOTOR-TALKer MartinSHL

Wiesbaden - Das geht ja gut los. Im wahrsten Sinne; denn wir gehen. Zu Fuß. Durchs Parkhaus. Auf der Suche nach dem Auto, das ich von einem MOTOR-TALK-Mitarbeiter übernehmen soll. In großen Parkhäusern hilft es ja bekanntlich, wenn man ein Foto vom Stellplatz schießt. So weiß man, wo man suchen muss. Auf Parkdeck „B6.3“ soll das BMW 220d Cabrio demnach auf mich warten. Auch der zehnte Blick auf das Schild an der Betonwand bestätigt: Ja, wir befinden uns auf Parkdeck „B6.3“. Dann eine Stimme von der Seite: „Bist du sehr sauer, wenn ich gestehe, dass das Foto vom Parkdeck „B6.3“ vom Vortag ist?“ Constantin aus der MT-Werkstatt ist oft unterhaltsam. Manchmal auch in den falschen Momenten.

Schwamm drüber. Auf die Suche folgt eine kurze Übergabe, reinsetzen und los geht es. Raus aus Frankfurt und ab auf die Autobahn. Der Wagen beschleunigt angenehm zügig, die 200 auf dem Tacho wird schnell überschritten, flott geht es weiter bis 220 km/h. Bei ausreichend freier Strecke und etwas Zeit stoppt die Nadel erst kurz vor der 240. Ich befürchte schon jetzt, mit dem werkseitig angegebenen Verbrauchswert von 4,1 Litern wird das nichts. Auch der zuvor im MOTOR-TALK-Test erfahrene Wert von 6,7 Litern dürfte nicht ganz meiner Realität entsprechen. Aber der Reihe nach.

Understatement mit vier Sitzen? Eigentlich sind es eher zwei... Understatement mit vier Sitzen? Eigentlich sind es eher zwei... Quelle: martin-shl/MOTOR-TALK

Understatement mit wenig Platz

Optisch bietet das 2er Cabrio schickes Understatement. Es protzt nicht, es ist nicht übermäßig groß, hat keine wilden Formen. Die 18-Zöller stehen ihm gut und für den Federungskomfort eignen sie sich ideal. Bodenunebenheiten, Querrillen und sonstige Holprigkeiten steckt der 2er sehr gut weg. Trotz straffem Sportfahrwerk federt er angenehm.

Wer die Tür öffnet, merkt schnell, wie sich der happige Listenpreis ergibt. Die Sonderausstattungsliste umfasst fast 60 Einzelpositionen. Dabei bringt der Innenraum optisch für mich nichts Neues. Denn dieser ist identisch zu meinem eigenen 1er. Haptik und Qualität reichen für ein Fahrzeug der Kompaktklasse aus. Alles sitzt straff, nichts klappert.

Die Sportsitze fallen gewohnt eng aus. Hier hat BMW ganz sicher nicht den deutschen Durchschnittsmann als Standard genommen. Ein bisschen mehr Spielraum würde gut tun. Hat man sich den Sitz dann doch irgendwie recht bequem eingestellt, muss man eingestehen: Der 4-Sitzer existiert nur auf dem Papier. Das Fazit für den Innenraum und das Platzangebot lautet also: Schicker Zweitwagen für maximal normalgroße Durchschnittseuropäer.

Dafür hat jemand viele Häkchen gesetzt. Der 220d kommt mit reichlich Sonderausstattung Dafür hat jemand viele Häkchen gesetzt. Der 220d kommt mit reichlich Sonderausstattung Quelle: martin-shl/MOTOR-TALK

Dieser 2er kommt mit vielen Häkchen

Geht die Zündung an, bemerkt man schnell, dass bei der Fahrzeugkonfiguration fast überall ein Häkchen auf der Liste gesetzt wurde. Angefangen von den elektrischen Sportsitzen, Lenkradheizung, über das Hifi-System, Auffahrwarner bis hin zum adaptiven Kurvenlicht und Online-Entertainment-System.

Letzteres ist nicht zwingend notwendig, dennoch ein nettes Gimmick. Der Wagen kann über eine separate SIM-Card während der Fahrt über Napster sämtliche Charts, Alben und Lieblingsinterpreten downloaden. In Kombination mit dem Hifi-System kommen auch bei offenem Verdeck ausreichend angenehme Klänge aus den Boxen. Das große Navigationssystem arbeitet angenehm fehlerfrei und zügig.

So viel zum Fahrverhalten

Natürlich drückt es einen bei 190 PS nicht in den Sitz und fast 1,7 Tonnen wollen erstmal in Bewegung gesetzt werden: Für einen schnellen Zwischenspurt ist der Wagen perfekt motorisiert. Der Verbrauch geht dabei in Ordnung: Am Schluss stehen bei sportlicher Fahrweise rund 9 Liter Diesel im Display. Deutlich weniger erreicht man mit kontrolliertem rechten Fuß.

Lassen wir Diskussionen à la „Diesel im Cabrio geht gar nicht“ beiseite. Wer so etwas sagt, war noch nicht im 220d unterwegs. Das Fahrverhalten bleibt selbst bei hohen Geschwindigkeiten agil und souverän. Der 2er liegt satt auf der Straße, die Lenkung arbeitet präzise und gibt ein perfektes Straßenfeeling zurück. Auch in schnell gefahrenen Kurven ist keine Verwindung der Karosserie spürbar. Störend wirkt allerdings das etwas ruckelige Verhalten der Automatik beim langsamen Heranrollen an rote Ampeln.

Der 2,0-Liter-Vierzylinder-Diesel im BMW-Cabrio leistet 190 PS - perfekt motorisiert, findet unser Tester Der 2,0-Liter-Vierzylinder-Diesel im BMW-Cabrio leistet 190 PS - perfekt motorisiert, findet unser Tester Quelle: martin-shl/MOTOR-TALK

Ach, der Wetterbericht

Nach kurzer Zeit gewöhnt man sich an das variable Dach über dem Kopf und freut sich, wenn der Wetterbericht zwei Wochen strahlenden Sonnenschein voraussagt. Schade, wenn er „knapp“ daneben liegt.

Doch von 14 Grad und gelegentlichem Regen lasse ich mich nicht beeindrucken und entdecke die bis dahin für unnötig erachtete Lenkradheizung. Herrlich, dass wenigstens die Finger warm bleiben, wenn man partout mit offenem Dach fährt. Muss das Dach doch mal aus dem Kofferraum, geht das in rund 20 Sekunden.

Das passt, um auch vor einem plötzlichen Regenguss schnell ins Trockene zu kommen. Dank 8-lagiger Ausführung werden Geräusche angenehm gedämmt. Auch die bisher mit Skepsis betrachtete Fernlichtautomatik nutze ich nach etwas Gewöhnung. Sie arbeitet sehr präzise und absolut zuverlässig. Die Verkehrszeichenerkennung hingegen funktioniert zwar sehr schnell, ist aber nicht dauerhaft im Kombiinstrument darstellbar. Schade.

Was war denn das?

Gespalten bleibt das Verhältnis zum vergeblich „getesteten“ „Auffahrwarnassistent mit Notbremsfunktion“. Außer einer kurzen optischen Anzeige im Display passiert beim „Ausprobieren“ tagelang nichts. Bis ich plötzlich mitten im Berufsverkehr auf einer mehrspurigen Kreuzung mit einsetzendem ABS zum Stehen komme.

Aus dem Armaturenbrett piepst und blinkt es, während der Vordermann erneut anfährt, um die Kreuzung zu passieren und ich mich frage, auf welches Auto die Elektronik da überhaupt reagiert hat. Zumindest bin ich nach dieser unerwartetem Bremsung sicher: Es funktioniert also auch dieses Feature. Nur nicht immer zum richtigen Zeitpunkt.

BMW 220d Cabrio: Technische Daten

  • Motor: 2,0-Liter-Vierzylinder-Diesel
  • Getriebe: Achtgang-Automatik
  • Leistung: 140 kW/190 PS
  • Drehmoment: 400 Nm bei 1.750 bis 2.500 U/min
  • 0 -100 km/h: 7,4 s
  • Vmax: 225 km/h
  • Leergewicht (DIN): 1.630 kg
  • Länge: 4,43 m
  • Breite: 1,77 m
  • Höhe: 1,41 m
  • Kofferraum: 280 l
  • Verbrauch (NEFZ): 4,1 l pro 100 km
  • CO2: 108 g/km
  • Preis: ab 38.050 Euro
  • Testwagenpreis: 56.400 Euro
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