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Indien: Trotz guter Aussichten scheuen Autozulieferer Investitionen - Skepsis in Indien

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Viele Menschen und wenig Fahrzeuge: Indien gilt als ein Hoffnungsmarkt der Autoindustrie. Die Zuliefererbranche übt sich bei Investitionen dennoch in Zurückhaltung.

Das Wachstumspotenzial in Indien ist groß. Dennoch investieren die deutschen Zulieferer nur zaghaft in den südasiatischen Staat Das Wachstumspotenzial in Indien ist groß. Dennoch investieren die deutschen Zulieferer nur zaghaft in den südasiatischen Staat Quelle: picture alliance / dpa

Dehli/Gerlingen - Für die Automobilindustrie gilt Indien als Zukunftsmarkt mit großem Wachstumspotenzial. Nur ein Bruchteil der rund 1,3 Milliarden Einwohner besitzt ein Fahrzeug. Doch trotz der guten Aussichten investieren die deutschen Autozulieferer nur vorsichtig, denn das Schwellenland kämpft mit vielen Problemen.

Der Technologiekonzern Bosch wird 2016 gut 100 Millionen Euro für den Ausbau lokaler Standorte in Indien ausgeben. Eine Zunahme ist dies aber nicht - in den vergangenen fünf Jahren flossen bereits 680 Millionen Euro von Stuttgart in das südasiatische Land. Die Konkurrenz wie Continental, Elring Klinger, Brose und ZF hält sich zurück. Auf Anfrage geben die Firmen bekannt, das bislang keine größeren Investitionen geplant sind. Stattdessen ist die Rede von "kontinuierlichen" Ausgaben oder von der "Vertiefung und Ausbau der bestehenden Geschäfte", wie ein ZF-Sprecher mitteilte.

Andere Schwellenländer stehen besser da

Bosch hat inzwischen 14 Produktionsstätten in Indien aufgebaut. Hier: Bilder aus dem Standort in Bangalore Bosch hat inzwischen 14 Produktionsstätten in Indien aufgebaut. Hier: Bilder aus dem Standort in Bangalore Quelle: picture alliance / dpa

Deutsche Zulieferer sind mittlerweile präsenter in Indien als früher: Von 2011 bis 2015 hat sich die Zahl ihrer Standorte in dem südasiatischen Staat von 71 auf 119 erhöht, wie der Verband der Automobilindustrie (VDA) mitteilte. Doch im Gegensatz etwa zu Mexiko oder China, wo die Branche ihre Präsenz ebenfalls verstärkt hat, zeigen deutsche Manager und andere Experten deutliche Skepsis.

"Indien schafft es einfach nicht, insbesondere die mangelhafte Infrastruktur in den Griff zu bekommen", sagt Peter Fuß vom Beratungsunternehmen Ernst & Young. Zwar investierten die deutschen Firmen weiter in indische Standorte, die Ausgaben seien aber im Vergleich zu Tätigkeiten in anderen Wachstumsmärkten gering.

Vertreter aus Deutschlands Auto- und Zulieferbranche äußern sich häufig ähnlich über Indien: Sie schwärmen von dem Potenzial des riesigen Marktes und verweisen zugleich auf Probleme. So nennt der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, das Land "einen wichtigen Zukunftsmarkt für deutsche Hersteller und Zulieferer". Da nur 22 Autos auf 1.000 Einwohner kämen, biete das Land "eigentlich gute Wachstumschancen". Zum Vergleich: In Deutschland kommen laut VDA 555 Autos auf 1.000 Einwohner.

Zugleich lässt Wissmann aber auch Bedenken erkennen. "Dass der indische Markt sein Potenzial bisher trotzdem nicht ausschöpft, liegt vor allem an der protektionistischen Politik des Landes", sagt Wissmann. Er appelliert an die Zentralregierung in Delhi, Handelsbarrieren abzubauen. Neuen Schwung verspricht sich Wissmann von einem möglichen Freihandelsabkommen zwischen Indien und der EU. Das aber ist noch in weiter Ferne - die Verhandlungen liegen auf Eis.

Probleme vor Ort

Indien kämpft seit Jahrzehnten mit grassierender Korruption und einem Bürokratiewust. Teilweise müssen sogar innerhalb Indiens Zölle bezahlt werden, wenn Bauteile nach ihrer Produktion in einem anderen Bundesstaat weiterverarbeitet werden. Die Transportwege sind lang, der Zustand der Straßen ist insgesamt schlecht. Zugleich ist den Zulieferern aber klar, dass die Bevölkerung - viele davon jung und relativ gut qualifiziert - großes Potenzial bietet, sowohl zur Produktion als auch zum Verkauf.

Brose vermeldet ein Indien-Umsatzplus von einem Drittel binnen drei Jahren, bis 2020 wird eine Verdopplung erwartet - absolute Zahlen werden nicht genannt. Bosch konnte seinen Umsatz binnen 10 Jahren von 0,7 auf 1,7 Milliarden Euro hochschrauben. "Wir sehen auch künftig positive Impulse", sagt Bosch-Asienchef Peter Tyroller. Die 2-Milliarden-Euro-Schwelle werde "bald" erreicht. Als Probleme nennt er die mangelnde Infrastruktur und die Bürokratie. Zugleich übt sich Tyroller in Zuversicht: Die indische Regierung habe in den vergangenen zwei Jahren "wichtige Themen konsequent aufgegriffen".

Erste Resultate seien sichtbar, so Tyroller. "Wir gehen davon aus, dass sich die Rahmenbedingungen daher noch weiter verbessern werden."

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Quelle: dpa

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