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Ferdinand Piëchs wichtigste Auto-Entwicklungen - Seine größten Hits

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Am Willen und Wissen von Ferdinand Piëch zerschellten viele Karrieren Wenigerwissender. Was nach seinem Ausscheiden bei VW bleibt? Die Meilensteine des VW-Denkers.

MOTOR-TALK blickt zurück auf die Meilensteine des Ferdinand Piëch MOTOR-TALK blickt zurück auf die Meilensteine des Ferdinand Piëch Quelle: dpa/Picture Alliance; Audi; Porsche; Volkswagen

Berlin – Wie kein anderer Konstrukteur prägte Ferdinand Piëch den Bau vieler deutscher Automobile. 50 Jahre lang. Die vergangenen Wochen haben dem klugen, alten Mann geschadet. Nach seinem Rücktritt am 25. April 2015 folgt unser Rückblick auf den fähigsten Auto-Ingenieur der Zeitgeschichte. Einen Mann, der einigen Menschen mit Kälte begegnete, aber voller Wärme von seinen Autos sprach. Mit ihnen, durch sie sammelte er Ruhm und Anerkennung.

1969: Porsche 917 - Sein riskantestes Auto

Inszenierung: 25 Homologationsfahrzeuge des 917 musste Piëch abliefern. Er präsentierte alle auf einmal Inszenierung: 25 Homologationsfahrzeuge des 917 musste Piëch abliefern. Er präsentierte alle auf einmal Quelle: Porsche

Mit Öl an den Händen begann Piëch sein Autoleben. Bei einem Praktikum in der VW-Werkstatt in der Alpenstraße in Salzburg. Dabei wollte er eigentlich Flugzeugkonstrukteur werden.

Nach seinem Studium des Maschinenbaus an der ETH Zürich arbeitet Piëch ab 1963 für die Porsche AG. Nach einigen Projekten (911-Sechszylinder, Carrera 6) wird er Leiter der Porsche-Entwicklungsabteilung. Dort beauftragt er sein Team mit der Entwicklung des Renn-Sportwagens 917. Vom Entwurf bis zur Präsentation auf dem Genfer Salon 1969 vergehen nur neun Monate.

Sein luftgekühlter (Piëch: „Luft kann man unterwegs nicht verlieren“) 4,5-Liter-V12 mit einem Bankwinkel von 180 Grad (kein Boxer!) leistet 520 PS. Das von Hans Mezger konstruierte Auto besteht im Wesentlichen aus Gitterohrrahmen, Motor und einer 1,2 Millimeter dicken Kunstharzhaut. Es fährt bis zu 420 km/h schnell.

Als freier Ingenieur entwarf Piëch einen Fünfzylinder-Diesel für Mercedes Als freier Ingenieur entwarf Piëch einen Fünfzylinder-Diesel für Mercedes Quelle: Daimler 1970 und '71 siegt der Porsche in Le Mans. Wegen der kurzen Entwicklungszeit und dem damit verbunden Risiko bezeichnete Piëch den 917 als das „riskanteste Auto seines Lebens“. Die Entstehung sei „purer Wahnsinn“ gewesen.

1974: OM 617 – Der erste Fünfzylinder-Diesel für Pkw

Anfang 1972 beschließen die Familien Porsche und Piëch, ihre operativen Tätigkeiten beim Unternehmen aufzugeben. Piëch gründet sein eigenes Ingenieursbüro und entwickelt den OM 617. Den ersten Fünfzylinder-Pkw-Diesel für Mercedes.

Der „Oel-Motor“ ist eine Erweiterung des Vierzylinder-Diesels OM 615 und treibt ab 1974 den Mercedes 240 D 3.0 (Strich-Acht) an. Anfangs leistet der 3,0-Liter-Motor 80 PS und ein Drehmoment von 172 Newtonmetern. Der erste Fünfzylinder-Pkw-Motor der Welt treibt später mit Turbo auch die S-Klasse an und macht den 300 TDT (123er) mit 171 km/h zum schnellsten Diesel Europas. Die Produktion läuft bis 1992.

1976: Audi 100 C2 – Fünfzylinder-Otto

Sein erster Audi: Beim 100 C2 setzte Piëch wieder auf einen Fünfzylinder - diesmal als Ottomotor Sein erster Audi: Beim 100 C2 setzte Piëch wieder auf einen Fünfzylinder - diesmal als Ottomotor Quelle: Audi

Von Mercedes geht es zu Audi – um Mercedes zu schlagen. Als Leiter der technischen Entwicklung bestimmt Piëch, wie der neue Audi 100 (C2) gegen den Mercedes W123 bestehen soll.

Der sonst so kompromisslose Piëch wählt einen Kompromiss. Er setzt wieder auf fünf Brennräume mit dem Ziel, die Laufruhe vom Sechszylinder und die Wirtschaftlichkeit eines Vierzylinders zu vereinen. Piëch verlängert einen Vierzylinder nach der Baukastenmethode. Im Audi 100 5E leistet der 2,1-Liter-Motor (EA 828 ) mit mechanischer Benzineinspritzung 136 PS.

 

Die 80er: Quattro-Antrieb, Vollverzinkung und TDI

Von dem Quattro-Antrieb träumt Piëch seit den 70ern. Heimlich testete er den Antriebsstrang des VW Iltis im Audi 80. Der damalige VW-Chef Toni Schmücker fördert den Quattro-Antrieb, nachdem Piëch den Antrieb auf einem bewässerten Grashügel mit einem Front- (Audi 80) und Heckantrieb (BMW 3er) vergleicht.

Der 2,5-Liter-Fünfzylinder-Turbodiesel mit Direkteinspritzung im Audi 100 C3 leistet 120 PS Der 2,5-Liter-Fünfzylinder-Turbodiesel mit Direkteinspritzung im Audi 100 C3 leistet 120 PS Quelle: Audi 1985 führt Piëch außerdem die Vollverzinkung beim Audi 100 C3 (Typ 44) ein. Bereits 1982 waren rund ein Drittel der Karosseriebleche des Audi 100 verzinkt. Zum Modelljahr 1986 (ab September 1985) verarbeitete der Hersteller pro Auto etwa fünf Kilogramm Zink und konservierte damit die gesamte Karosserie. Ein Jahr später bekommt der Audi 80 den Rostschutz.

1988 macht Piëch mit Audi Oberklasse: Der V8 tritt mit Vollausstattung, Vollverzinkung, Achtzylinder und Allradantrieb gegen Mercedes S-Klasse und BMW 7er an. Der Haken: Der Wagen basiert auf einer alten Plattform und sieht der alten Audi-Mittelklasse zu ähnlich. Er floppt.

Mehr Erfolg hat Piëch ab 1989 mit seinem Turbo-Diesel-Direkteinspritzer TDI im Audi 100. Fiat und Rover stellten das gleiche Motorkonzept schon 1986 und 1988 vor. Trotzdem wird Audi häufig als Erfinder des Diesel-Direkteinspritzers genannt. Der 2,5-Liter-Fünfzylinder-Turbodiesel mit anfangs 120 PS und 265 Newtonmetern Drehmoment gilt bis heute als robust und sparsam.

 

Meilenstein: Ferdinand Piëch im 20-millionsten VW Golf - ein Golf IV Meilenstein: Ferdinand Piëch im 20-millionsten VW Golf - ein Golf IV Quelle: VW

1997: Golf IV – Mehr Qualität

1993 übernimmt Piëch den Vorstandsvorsitz des VW-Konzerns. Dem Konzern geht es damals mies. Piëch setzt auf Qualität. Sein Auto dazu wird der Golf IV.

1997 wird der vierte Golf vorgestellt, mit Vollverzinkung und zwölfjähriger Garantie gegen Rost. Ab 1999 macht Piëch ESP in allen Golfmodellen zur Serie. Berühmt wird der Wagen als Musterbeispiel für die Piëchsche Idee der Spaltmaßreduzierung.

1999: VW Lupo 3L - Das Drei-Liter-Auto

Die Antipode zum 917er kommt. Das erste vollwertige 3-Liter-Auto der Welt trägt die Karosserie des VW Lupo. Im Drittelmix trank der Lupo 2,99 Liter Diesel auf 100 Kilometer. Aluminium-Leichtbau, dünnere Scheiben und ein cw-Wert von 0,29 senken mit einem 1,2-Liter-Dreizylinder-Turbodiesel und Start-Stopp-Automatik den Verbrauch. Die Welt staunt über das Sparwunder, aber die Menschen sparen sich den Kauf.

2002: VW Phaeton - Volkswagen-Oberklasse

Audi fährt mittlerweile mit dem A8 in der Oberklasse, jetzt soll auch VW dorthin. Der Phaeton wird in der Gläsernen Manufaktur in Dresden gefertigt.

In Deutschland verkauft sich der Phaeton schlecht. Die meisten stört wohl die optische Nähe zum VW Passat In Deutschland verkauft sich der Phaeton schlecht. Die meisten stört wohl die optische Nähe zum VW Passat Quelle: VW Bei seiner Vorstellung bot der Phaeton viele Innovationen. Doch die damals höchste Torsionssteifigkeit einer Pkw-Karosserie oder ein V10-TDI konnten kaum Käufer überzeugen. Experten schätzen, dass Volkswagen bis heute mit jedem Auto mehr als 20.000 Euro Verlust macht. Für Piëch zählten Prestige – und das Baukasten-Prinzip. Bentley fährt mit Fahrzeugen auf Phaeton-Basis große Gewinne ein.

2005: Bugatti Veyron – Eigentlich sollten es 18 Zylinder sein

Piëch bezeichnet bis heute den 917er als „Wahnsinn“. Für die übrige Autowelt ist es sein Bugatti Veyron. Das stärkste Serienauto der Welt gilt mit 431,072 km/h als das offiziell schnellste straßenzugelassene Serienauto der Welt.

Ein 530 Kilogramm schwerer Sechszehnzylinder mit vier Turboladern und 64 Ventilen leistet bis zu 1.200 PS. Ursprünglich plante Piëch den Veyron mit 18 Zylindern.

Prestige-Projekt: Ferdinand Piëch im 1-Liter-Auto VW XL1. Mit einem Prototyp des Autos erreichte er bereits im April 2002 einen Durchschnittsverbrauch von 0,89 Liter Diesel auf 100 km Prestige-Projekt: Ferdinand Piëch im 1-Liter-Auto VW XL1. Mit einem Prototyp des Autos erreichte er bereits im April 2002 einen Durchschnittsverbrauch von 0,89 Liter Diesel auf 100 km Quelle: VW

2014: VW XL1 – Der Traum vom Ein-Liter-Auto

Auch danach pendelt Piëch zwischen Verschwendung und Verbrauchsoptimierung. So folgt auf den Bugatti der XL1. Der lange geträumte Traum vom 1-Liter-Serienauto erfüllt sich nach 12 Jahren Entwicklung in einer „Serie“ von 200 Raumschiffen. Laut Normverbrauch schlucken diese Auto nur 0,9 Liter pro 100 Kilometer.

Erreicht wird das mit einer Carbon-Karosserie, einem 0,8-Liter-Zweizylinder-Turbodiesel und einem im Magnesiumgehäuse des Doppelkupplungsgetriebes gelagerten Elektromotor.

Avatar von granada2.6
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