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Minister Dobrindt erklärt Tesla-Fahrern den Autopilot - Sehr geehrter Tesla-Fahrer ...

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Eine endgültige Bewertung zu Teslas "Autopilot" gibt es vom Verkehrsministerium noch nicht. Aber Dobrindt schreibt den Tesla-Fahrern und warnt sie vor falschem Vertrauen.

Tesla "Autopilot" 8.0: Seit dem letzten Update hat fortwährendes Ignorieren der Warnhinweise des Autopiloten ernsthafte Konseuqenzen Tesla "Autopilot" 8.0: Seit dem letzten Update hat fortwährendes Ignorieren der Warnhinweise des Autopiloten ernsthafte Konseuqenzen Quelle: MOTOR-TALK.de

Berlin – Man müsste schon ohnmächtig sein. Oder wenigstens taub. Seit Tesla den „Autopilot“ auf die Version 8.0 aktualisiert hat, lassen sich seine Hinweise nicht mehr ignorieren: Das Display blinkt nach einer Weile wie eine Sexshop-Reklame, und klingelt Sturm wie eine Drückerkolonne. Hände ans Lenkrad, sonst ist Schluss mit dem autonomen Fahren - das ist unmissverständlich. Wird die Warnung ignoriert, steigt „Autopilot“ aus und lässt sich erst wieder aktivieren, wenn das Auto geparkt wurde.

Wem das zu unklar ist, dem hilft nun das Kraftfahrtbundesamt auf die Sprünge. Es hat die rund 2.500 Tesla-Halter in Deutschland angeschrieben und auf die „bestehende Rechtslage hingewiesen“, wie das Bundesverkehrsministeriums (BMVI) auf Nachfrage einen Bericht der „Bild“-Zeitung bestätigt. In dem Brief heißt es:

„Bei dem im Fahrzeug verbauten sogenannten „Autopilot“ handelt es sich um ein reines Fahrerassistenzsystem und nicht um ein hochautomatisiertes Fahrzeug, dass ohne ständige Aufmerksamkeit des Fahrers betrieben werden kann. Der Einsatz dieses Systems erfordert zu jeder Zeit seines Betriebes die ständige und uneingeschränkte Aufmerksamkeit des Nutzers im Hinblick auf das unmittelbar herrschende Verkehrsgeschehen, um die Rechtsvorschriften zum Straßenverkehr (insbesondere StVO) einhalten zu können.“

Wird "Autopilot" aktiviert, wird der Fahrer einmal kurz darauf hingewiesen, die Hände am Stuer zu lassen Wird "Autopilot" aktiviert, wird der Fahrer einmal kurz darauf hingewiesen, die Hände am Stuer zu lassen Quelle: MOTOR-TALK.de

Teslas Autopilot: "erhebliche Verkehrsgefährdung"

Ein ungewöhnlicher Vorgang. Ähnliche Schreiben an Halter anderer Marken sind jedenfalls nicht bekannt. Das BMVI sah sich offenbar zu diesem Schritt veranlasst, weil ein Gutachten des Bundesamtes für Straßenwesen (BASt) im Auftrag des BMVI zu dem Ergebnis gekommen war, dass eine „erhebliche Verkehrsgefährdung“ von dem System ausgehe. Unsere Frage, ob es solche Gutachten zu ähnlichen Systemen anderer Hersteller gebe, beantwortete das BMVI leider nicht.

Die Kritik am Tesla-System lautet: "Autopilot" könne zum Beispiel die gelben Baustellenmarkierungen nicht erkennen und sei daher für deutsche Autobahnen ungeeignet. Außerdem versage es bei kritischen Überholvorgängen, und die Sensoren könnten nicht weit genug vorausschauen.

Bedeutet das die Stillegung? Noch werde der „technischen Sachstand“ der Autopilot-Funktion des Tesla „Modell S“ untersucht, heißt es aus dem Ministerium. Da die Typgenehmigung aus den Niederlanden stammt, würden auch Gespräche mit der dortigen Behörde geführt. „Die bislang vorliegenden Ergebnisse werden derzeit geprüft und ausgewertet“, so das BMVI. Und weiter: „Bei der Prüfung sind zudem Software-Updates des Herstellers zu berücksichtigen.“

Das Gutachten des BASt wurde Anfang Oktober bekannt. In den Wochen davor hatten Experten des Bundesamtes offenbar mehrere 1.000 Kilometer mit einem Model S zurückgelegt. Das Software-Update 8.0 wird erst seit dem 21. September nach und nach ausgerollt. Die neue Version dürfte sich also im ersten Fazit noch nicht niedergeschlagen haben.

Elon Musk hatte in verschiedenen Twitter-Posts die besonderen Fähigkeiten von "Autopilot" hervorgehoben Elon Musk hatte in verschiedenen Twitter-Posts die besonderen Fähigkeiten von "Autopilot" hervorgehoben Quelle: dpa/picture-alliance

Warnhinweise versus Twitter-Marketing

Tesla selbst hatte von Anfang an darauf hingewiesen, dass Fahrer ihre Hände stets am Lenkrad lassen müssen. Doch der Name „Autopilot“, die Beschreibung des Systems auf der Tesla-Seite oder auch Elon Musks „Twitter-Marketing“ erweckten implizit den Eindruck, „Autopilot“ könne tatsächlich viele Situationen mindestens so gut meistern wie ein menschlicher Fahrer. Tesla-Fahrer dürften mit Videos, in denen sie beim Fahren z.B. Zeitung lasen, dazu beigetragen haben.

Der Eindruck dürfte ausgeräumt sein. Weil Tesla-Fahrer zu viel Vertrauen in das System hatten, kam es zu Unfällen. Einer davon verlief tödlich, weil der „Autopilot“ den Anhänger eines querenden Lkw nicht erkannt hatte und ungebremst hineingefahren war.

Tesla hat mit dem Update 8.0 reagiert. Zwar will das Unternehmen an dem Namen „Autopilot“ festhalten, doch in der Kommunikation gehen die Kalifornier sehr viel stärker auf die Limitierungen des Systems ein. Zum Brief des KBA teilt Tesla jetzt mit:

„Der Brief des KBA an unsere Kunden gibt exakt wieder, wie Tesla seit jeher die Kunden über die Nutzung von Autopilot aufgeklärt hat, indem sie daran erinnert wurden, dass sie verantwortlich dafür sind, aufmerksam, präsent und bereit zu sein, jederzeit die Kontrolle zu übernehmen. Tesla hat viele Schritte unternommen, die Fahrer davon abzuhalten, Autopilot falsch zu verwenden und das letzte Software-Update, 8.0, treibt das noch weiter.”

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