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Can-Am Spyder - Mit hängendem Hintern in die Kurve

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Der Can-Am Spyder sieht aus wie ein Dreirad aus einer anderen Welt. Dabei hat er mehr drauf, als Super-Bike-Fahrer ihm zutrauen.

Die Kurventechnik musste MOTOR-TALK-Reporter Ralf Schütze erst einmal lernen. Danach hatte er einen Heidenspaß mit dem Dreirad Die Kurventechnik musste MOTOR-TALK-Reporter Ralf Schütze erst einmal lernen. Danach hatte er einen Heidenspaß mit dem Dreirad Quelle: Bombardier Recreational Products

Von MOTOR-TALK-Reporter Ralf Schütze

Portimao/Faro – Rückwärtsgang, ABS, Traktionskontrolle, ESP, Servolenkung und Feststellbremse – bis hierhin kann es der Can-Am Spyder mit jedem Auto aufnehmen. An anderer Stelle fehlt ihm was: Das Spaßgefährt hat nur drei Räder und kein Dach.

Wer nun die Frage stellt "Wer braucht so etwas?", dem rufen 5.000 Spyder-Fahrer in Europa zu: "Ich!" Die meisten von ihnen haben keinen Motorradführerschein. Trotzdem wollen sie Ganzkörper-Freiheit im Fahrtwind. Die liefert der Can-Am Spyder zuverlässig.

Gebremst wird mit dem Fuß

Wer zum ersten Mal auf einem Spyder sitzt, fühlt sich wie im Sattel eines Motorrads. Der Hintern sitzt auf einer Bank, die Knie sind angewinkelt, die Beine liegen leicht gespreizt am Tank und die Arme strecken sich zum Lenker. Rechts liegt der Gashahn. So weit, so Motorrad. Über eine Schaltwippe bedient man die Halbautomatik am linken Griff des Lenkers Über eine Schaltwippe bedient man die Halbautomatik am linken Griff des Lenkers Quelle: Ralf Schütze

Auf der linken Seite des Lenkers enden jedoch die Gemeinsamkeiten, jedenfalls bei der Semi-Automatik mit hydraulischer Kupplung. Sie verfügt über eine Schaltwippe, die mit Daumen (hoch) und Zeigefinger (runter) bedient wird. Gebremst wird ausschließlich mit dem rechten Fuß. Das gilt auch für die seltenen Handschalter, die links den Kupplungshebel und auf derselben Seite die Fußschaltung haben.

Bei der ersten Fahrt mit einem der 362 bis 459 Kilogramm schweren Dreiräder wird vermutlich jeder Spyder-Neuling erst mal nach Leibeskräften am Lenker zerren. So gelingen Richtungswechsel in etwa so leicht wie mit einem übervollen Einkaufswagen zwischen engen Supermarktregalen. Um sich an das Fahrverhalten des 100 oder 115 PS starken Dreirads zu gewöhnen, braucht man Zeit. Weil der Spyder sich nicht in die Kurve legen kann, fährt er unwilliger hinein.

Oberkörper vor, Po nach unten

Hat der Fahrer den Dreh raus, kann er den Spyder wild um's Eck zirkeln. Das funktioniert wie folgt: den kurvenäußeren Arm ausstrecken, Oberkörper nach vorne Richtung Kurvenmitte beugen und den Po auf der gleichen Seite neben die Sitzbank hängen. Dabei steht die Nase im Fahrtwind, der Asphalt rauscht unter dem Fahrer hindurch und man genießt beinahe einen ungehinderten Blick auf den Straßenverlauf. All das sind Gründe, aus denen Motorradfahrer so gerne Motorrad fahren.

Bei der Jagd nach Rundenzeiten ist Feingefühl gefragt: Erfahrene Dreirad-Fahrer loten den Grenzbereich immer nur bis kurz vor Einsatz der Stabilitätskontrolle aus. Denn die schiebt schlagartig einen Riegel vor, wenn mindestens ein Rad Bodenhaftung verliert. Nur wer gleichmäßig durch eine Kurve fährt, bleibt umgebremst. Korrigieren am Lenkrad wird übrigens direkt bestraft.

Der Can-Am Spyder ist immer ein Hingucker, egal wo man hinfährt Der Can-Am Spyder ist immer ein Hingucker, egal wo man hinfährt Quelle: Bombardier Recreational Products Doch trotz guten Beschleuningswerten, einer Höchstgeschwindigkeit von 190 km/h und seiner Agilität kann es der Can-Am Spyder nicht mit einem Zweirad aufnehmen. Es fehlt die Schräglage und die geschmeidige Wendigkeit. Doch für alle Nicht-Biker ist das Dreirad eine gute Möglichkeit, an der frischen Luft Haken zu schlagen oder komfortabel über die Landstraße zu fegen – mit Windschutz, Audioanlage und Stauraum.

Technische Daten: Can-Am Spyder RT

  • Motor: Wassergekühlter Dreizylinder-Viertakt-Reihenmotor mit je vier Ventilen
  • Hubraum 1.330 ccm
  • Leistung: 86 kW/115 PS bei 7.250/min
  • max. Drehmoment: 130 Nm bei 5.000/min
  • Tank: 26 l
  • Reichweite: 406 km
  • Getriebe: Sechsgang-Halbautomatik oder Schaltgetriebe
  • Radstand: 1.714 mm
  • Sitzhöhe 772 mm
  • Trockengewicht: 459 kg
  • Grundpreis: 23.399 Euro bis 31.799 Euro (RT Limited)

Infokasten:

Den Spyder gibt es in drei Versionen: der RT ist für den Touren- und Komfortfreund gedacht, der RS für die Sportskanone und der ST für alle dazwischen. Der RT wird seit dem Modelljahr 2014 von einem 1.330 ccm großen Dreizylinder von Rotax angetrieben. Während der V2 der übrigen Spyders mit 990 ccm charaktervoll drauf los knattert, säuselt sich der Neue harmonisch und kraftvoll durchs Drehzahlband.

In Deutschland dürfen die Spyder-Modelle von allen gefahren werden, die einen Pkw-Führerschein haben. In Österreich muss man zusätzlich mindestens 21 Jahre alt sein. Die Preise beginnen bei 17.700 bis 31.800 Euro.

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