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Toyota Aygo: Test - Leichtbau, bis es quietscht

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Außen trägt der Toyota Aygo ein X-Gesicht, innen einen knurrigen Dreizylinder. Dass er sehr leicht ist, drückt den Verbrauch, doch wehe, man drückt im Stand auf die Bremse.

Der Toyota Aygo: In Deutschland ist er deutlich erfolgreicher als seine Geschwister von PSA. Liegt es am X-Gesicht? Der Toyota Aygo: In Deutschland ist er deutlich erfolgreicher als seine Geschwister von PSA. Liegt es am X-Gesicht? Quelle: MOTOR-TALK

1. GANG: DIE BASIS

Mit Attributen wie urban (also städtisch) wird heute fast jedes Auto beworben, meist zu Unrecht. Wer sich regelmäßig durch den Feierabendverkehr einer Großstadt quält, weiß: Natürlich kann man auch mit einem 4,40-Meter-SUV in der Stadt fahren. Doch spätestens beim Parken, Rangieren oder Linksabbiegen an engen Kreuzungen sind Autos wie der Toyota Aygo klar im Vorteil, dank kleinem Wendekreis (unter neun Metern) und kompakten Abmessungen (3,45 Meter).

Seit dem Sommer 2014 verkauft Toyota die zweite Generation des Kleinstwagens. Mit völlig neuem Design und renovierter Technik, aber auf der alten Plattform. Wie fühlt er sich an, der renovierte Toyota Aygo?

2. GANG: DAS BESTE

Toyota Aygo: Die zweite Generation wurde optisch und technisch gründlich erneuert, steht aber auf der Basis des Vorgängers Toyota Aygo: Die zweite Generation wurde optisch und technisch gründlich erneuert, steht aber auf der Basis des Vorgängers Quelle: MOTOR-TALK

Wir Stadtkinder wissen: Die Anforderungen an ein Auto sind in der City anders als im Autoquartett. Hier interessiert statt des Sprints von 0 auf 100 der von 0 auf 50. Eine Paradedisziplin für den Aygo! Sein knurriger Dreizylinder tönt deutlich, dreht aber flott hoch.

Toyotas Dreizylinder-Sauger gilt als einer der sparsamsten seiner Art, ist deswegen aber keine Bremse: Die 69 PS und 95 Newtonmeter fühlen sich kräftiger an als viele stärkere Konkurrenzmotoren. Das liegt auch am sinnvoll abgestuften Getriebe, das schaltfaules Fahren unterstützt – auch dann, wenn verkehrsbedingt kaum konstantes Tempo möglich ist.

Auf der German Autobahn gelangt das Motörchen natürlich an seine Grenzen. Im fünften Gang, oberhalb der 100 km/h-Marke, braucht der Aygo viel Anlauf bis zur Reisegeschwindigkeit. Flink und sicher wuselt der Aygo hingegen über die Boulevards und Schleichwege. Von seiner hohen Sitzposition aus verliert der Fahrer nie den Überblick. Vorne sitzen im Aygo fühlt sich nicht nach Kleinstwagen an. Auch an Fahrkomfort und Lenkung gibt es nichts zu mäkeln.

3. GANG: DAS SCHWÄCHSTE

Die Entwickler des Aygo hatten es nicht leicht. Sie mussten serienmäßig viel mehr Sicherheit einbauen als im Vorgänger: ESP, sechs Airbags, Bremsasstistent, Reifendruckkontrolle, Berganfahrhilfe. Trotzdem durfte der Aygo weder schwerer noch teurer werden. Das Resultat: Leichtbau, bis es quietscht. Wer es ausprobieren will: Im Stand die Bremse treten, dann knarzt es von der kaum isolierten Hinterachse.

Etwas leicht wirken auch große Teile der Hartplastik-Innenverkleidung. Angesichts der Preisklasse eigentlich kein Manko. Nur beim Schaltknüppel hätten wir lieber etwas in der Hand, das sich solider anfühlt. Hinzu kam beim Testwagen ein hakeliger, schwer einzulegender Rückwärtsgang.

Ein Minuspunkt mit Ansage ist dagegen das Raumangebot auf den Rücksitzen. Der Aygo ist eigentlich ein 2+2-Sitzer, daran ändern auch fünf Türen (350 Euro Aufpreis) nichts. Sie erleichtern allerdings das Aussteigen in engen Parklücken.

4. GANG: DAS ÜBERFLÜSSIGSTE

Machen wir es kurz: Durch den Hauch von Kofferraumabdeckung kann man zwar hindurchsehen, aber drauflegen kann man nichts, und beim Einladen stört sie. Weg damit. Beim Testwagen freuen wir uns über den Luxus einer Rückfahrkamera. Braucht man nicht für den übersichtlichen Zwerg, nimmt man aber gerne mit. Allerdings hätten wir uns noch Orientierungslinien für das innerstädtische Präzisionsparken gewünscht.

5. GANG: DAS WISSENSWERTE

So ein kleiner Stadtwagen soll natürlich billig sein. Vierstelliger Basispreis: passt. Beim Spritverbrauch gilt allerdings auch für diesen wirklich sparsamen Kleinwagen: Das Fahrprofil macht’s. Wer überwiegend durch Vororte und über Landstraßen rollt, kommt mit deutlich weniger als fünf Litern Benzin auf 100 Kilometer aus.

Zwar kein ebener Ladeboden, aber immerhin: Platz für eine Waschmaschine Zwar kein ebener Ladeboden, aber immerhin: Platz für eine Waschmaschine Quelle: MOTOR-TALK Wer den Aygo hauptsächlich in der Berliner Innenstadt bewegt, kann an der Tankanzeige die Zahl der Bau- und Staustellen ablesen. Rund sechseinhalb Liter im Schnitt bedeuten: Es war voll auf den Straßen.

Der Normverbrauch (4,1 l/100 km) ist da natürlich nicht zu schaffen, hat aber trotzdem sein Gutes: 998 Kubik Hubraum und 95 g/km CO2 bedeuten mickrige 20 Euro Kfz-Steuer im Jahr.

6. GANG: DAS BESONDERE

Das Toyota-Werk Kolin in Böhmen ist ein Joint Venture mit PSA Peugeot Citroën. Stoßstange an Stoßstange purzeln die Aygos hier mit den baugleichen Peugeot 108 und Citroën C1 vom Fließband. 340.000 Fahrzeuge pro Jahr kann Kolin bauen, jede der drei Marken nimmt exakt ein Drittel ab.

So gleich die Autos sind, so unterschiedlich sind die Vorlieben der Deutschen: Toyota verkaufte im Modellwechsel-Jahr 2014 10.800 Aygo, Citroën dagegen nur 5.000 C1 und Peugeot 3.100 107/108. Die „Franzosen“ verkaufen sich dafür in Frankreich prima: 2014 zählte man dort 4.100 Peugeot 107, 7.700 Peugeot 108 und 13.200 Citroën C1. Der Toyota schaffte es nicht unter die Top 100.

Dass es das gleiche Auto in anderem Design auch woanders gibt, verkündet Toyota – verständlicherweise – nicht besonders gerne. Dafür aber, dass man am und im Aygo viele Blenden und Teile einfach austauschen kann – nicht nur nach einem Unfall, auch, wenn zum Beispiel die Farbe am Armaturenbrett langweilt. Trendig.

AUSROLLEN: FAZIT

Der Toyota Aygo bleibt sich in zweiter Generation treu: klein, sparsam, günstig im Unterhalt, flink in der Stadt. Ins zackige Design und die Abstimmung floss viel Mühe, etwas weniger in die Dämmung und Haptik. Das ist verständlich mit Blick auf den Preis – und doch ein bisschen schade, denn das triste Cockpit war schon beim Vorgänger die einzige echte Schwäche. In seiner Domäne – Stadt und Landstraße – kommen nur wenige Autos besser zurecht als der Toyota Aygo (und seine Fließbandbrüder).

Technische Daten: Toyota Aygo

  • Motor: 1,0-Liter-Dreizylinder-Benziner
  • Getriebe: Fünfgang-Handschaltung
  • Leistung: 69 PS (51 kW) b. 6.000 U/min
  • max. Drehmoment: 95 Nm b. 4.300 U/min
  • 0-100 km/h: 14,2 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 160 km/h
  • Verbrauch: 4,1 l/100 km (NEFZ)
  • CO2: 95 g/km
  • Länge x Breite x Höhe in m: 3,45 x 1,61 x 1,46
  • Radstand: 2,34 m
  • Leergewicht: 915 kg
  • Kofferraum: 168 l
  • Basispreis getestete Variante: 12.350 Euro (x-play touch Fünftürer)
  • Basispreis Toyota Aygo: 9.950 Euro

Avatar von bjoernmg
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