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Flugauto aus der Wedemark - Ein Strandbuggy lernt Fliegen

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Seit mehr als hundert Jahren basteln Menschen am fliegenden Auto. Meist mit mäßigem Erfolg. Doch das schreckt Michael Werner nicht, er startet einen neuen Versuch.

Der Gleitschirm macht das Fluggerät flexibel, denn er ist viel leichter zu verstauen als ein fester Flügel Der Gleitschirm macht das Fluggerät flexibel, denn er ist viel leichter zu verstauen als ein fester Flügel Quelle: picture-alliance/dpa

Hannover - Das Wichtigste zuerst: Das Flugauto aus der Wedemark ist strenggenommen kein fliegendes Auto, sondern ein fahrendes Flugzeug. Es besteht, grob gesprochen, aus drei Rädern, zwei Sitzen, einem Propeller und einem Gleitschirm. Das Prinzip ist relativ einfach: Auf der Straße zum Startplatz fahren, Gleitschirm auslegen, den zusammenklappbaren Propeller montieren - und ab geht's.

"Damit kann ich morgens Brötchen holen", sagt Konstrukteur Michael Werner (49). Der Geschäftsführer eines 20-Mann-Betriebes hat das neue Fortbewegungsmittel entwickelt und testet im Moment zwei Prototypen, in der Luft und auf der Straße (mit einem roten 06er-Kennzeichen). Im Fahrbetrieb wird das Getriebe, das in der Luft die Kraft des Motors an den Heckpropeller lenkt, umgeschaltet. Wenn alles gut geht, sollen schon im kommenden Jahr die ersten Vorserienmodelle gebaut werden.

Auf der Straße kann das Flugauto von Michael Werner fast 200 km/h schnell fahren - wenn man sich traut Auf der Straße kann das Flugauto von Michael Werner fast 200 km/h schnell fahren - wenn man sich traut Quelle: picture-alliance/dpa

Der TÜV gab sein Okay

"Nächstes Jahr wollen wir ein verkleidetes Exemplar auf dem Sommerfest der niedersächsischen Landesregierung in Berlin ausstellen", sagt Cathrine Kniep von der Luftfahrt-Förderinitiative Niedersachsen Aviation.

Kniep bescheinigt dem Unternehmen einen "enormen innovativen Input": "Die große Problematik bei dem Projekt bestand wohl vor allem in der Zulassung als Auto auf der Straße." Immerhin: Der TÜV gab sein Okay für die Straßenerprobung. Auf der Autobahn ist der dreirädrige Flitzer nach Werners Angaben knapp 200 km/h schnell. In der Luft ist er als Ultraleicht-Flugzeug zugelassen.

Was zur Zeit noch an einen Strandbuggy erinnert, hat in Savannen- oder Wüstenländern bereits Interesse geweckt. "Deutschland ist für unseren Markt eigentlich weitgehend uninteressant", sagt Werner, "aber in Südafrika oder den Emiraten könnten wir locker 300 Exemplare verkaufen."

Fliegende Autos: Ein Traum seit 1912

Der erste Prototyp eines Flugautos stammt von 1912. Auf den Markt hat es jedoch bis heute keines der Modelle geschafft. Dennoch gibt es in den USA und Holland, aber auch in der Slowakei und Deutschland zur Zeit ähnliche Projekte.

Paul Moller, Gründer von Moller International, tüftelt seit Jahrzehnten an seiner Vision eines Flugautos. Selbst Tesla-Gründer Elon Musk träumt davon. Die Fluggeräte heißen AirCar, Skycar, oder Carplane.

Der Gleitschirm macht das Fluggerät flexibel, denn er ist viel leichter zu verstauen als ein fester Flügel Der Gleitschirm macht das Fluggerät flexibel, denn er ist viel leichter zu verstauen als ein fester Flügel Quelle: picture-alliance/dpa Bei seinem Konzept hat sich Werner mit seinem Geschäftspartner Marcus Müller auf seine Stärken besonnen: die Entwicklung von Gleitschirm-Fluggeräten. Denn feste Flügel sind viel schwerer zu verstauen. Doch das Schwierigste bei der Entwicklung eines Flugautos ist die Bürokratie, sagt Werner.

Das fahrende Fluggerät wird von einem 150-PS-Zweizylinder-Turbomotor angetrieben und hat ein Leergewicht von rund 300 Kilogramm. Später soll es mit ABS und einem Katalysator ausgestattet werden. "Wir haben jetzt 90 Prozent der Probleme gelöst", sagt Werner über seinen Prototypen.

Ob die Bürokratie auch dazu gehört? Das wissen wir nicht. Doch wir drücken die Daumen, dass nach mehr als 100 Jahren bald das erste Flugauto auf den Markt kommen wird - wenn auch als fahrendes Flugzeug.

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