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Opel-Treffen in Oschersleben - Du schöne neue Opel-Welt

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Opel ist im Aufwind, der Konzern verkauft wieder mehr Autos. Das feiern die Fans. Ein Besuch in Oschersleben beim größten Opel-Treffen der Welt.

Von MOTOR-TALK Reporter Haiko Prengel

Oschersleben – Alexander Braun zischt schon am Vormittag sein erstes Bierchen, es gibt was zum Feiern. Der Opel-Fan hat sich ein neues Auto gekauft. Nicht irgendeins, sondern das „Auto des Jahres”, einen nagelneuen Opel Astra. Der 32-Jährige ist begeistert: „Der Wagen ist top”, findet er und nimmt noch einen Schluck aus der Bierdose. Wo könnte man besser anstoßen auf einen neuen Opel als in Oschersleben?

"Opelsleben": Das größte Opel-Treffen der Welt

Der Burnator ist eine der Hauptattraktionen beim Opel-Treffen in Oschersleben. Der Fahrer hat nur ein Ziel: Die Hinterräder beim Driften so lange durchdrehen lassen, bis sie platzen. Täglich gehen so etliche Reifensätze drauf Der Burnator ist eine der Hauptattraktionen beim Opel-Treffen in Oschersleben. Der Fahrer hat nur ein Ziel: Die Hinterräder beim Driften so lange durchdrehen lassen, bis sie platzen. Täglich gehen so etliche Reifensätze drauf Quelle: Haiko Prengel für MOTOR-TALK In der Motorsport-Arena in Sachsen-Anhalt findet einmal im Jahr das größte Opel-Treffen der Welt statt. Mehr als 60.000 Fans mit 16.000 Fahrzeugen belagern fünf Tage lang das Gelände. Ob Manta GSi mit Fuchsschwanz, biederer Rekord oder Diplomat V8: In „Opelsleben” trifft man sie alle. Opel-Prolls mit tiefergelegten Ludenkarren oder stolze Altopel-Fahrer, die mit ihren gehätschelten Fahrzeugen daran erinnern, was Opel ist: Eine populäre Traditionsmarke. Kaum ein anderer deutscher Autohersteller hat eine so eingeschworene Fan-Gemeinde.

Doch etwas ist anders in diesem Jahr. Diesmal sind es nicht nur geile Schlitten und heiße Miezen bei der Wahl zur „Miss Opel”, die die Opelaner bejubeln können. Die Traditionsmarke verkauft neuerdings auch wieder erfolgreich Autos.

Während der Erzrivale Volkswagen im Abgasskandal versinkt, geht es dem Rüsselsheimer Autohersteller so gut wie lange nicht mehr. Das liegt an einer neuen Produkt- und Image-Offensive, vor allem aber wohl auch an besseren Autos. Ob Corsa, Astra oder Mokka – wer Opel fährt, muss sich nicht schämen. An der Basis kommt das besonders gut an. Bei Fanclubs und Hardcore-Fans, die selbst in den elendsten Jahren noch zu ihrer Marke standen.

Bessere Autos, höherer Marktanteil

Dass dieses Auto mal ein biederer Ascona C war, ist kaum zu erkennen. Tieferlegung, Breitreifen und allerlei Spoilerkram haben aus dem Spießerauto eine Rennkiste gemacht Dass dieses Auto mal ein biederer Ascona C war, ist kaum zu erkennen. Tieferlegung, Breitreifen und allerlei Spoilerkram haben aus dem Spießerauto eine Rennkiste gemacht Quelle: Haiko Prengel für MOTOR-TALK „Wir sind wieder wer”, sagt Alexander stolz. Vor drei Wochen hat er seinen neuen Wagen bekommen – einen Kombi, den neuen Sports Tourer. Ob Verarbeitung, Materialien oder Design: Im Vergleich zum Vorgängermodell sei der neue Astra ein „Quantensprung” in Sachen Qualitätssteigerung, findet er. Früher fuhr er VW und Audi.

Der Turnaround war für Opel nicht schwer, denn eigentlich konnte es nur bergauf gehen. Qualitätsprobleme, floppende Modelle, Rückrufe: Es ist noch gar nicht lange her, da lag Opel wirtschaftlich am Boden. Von 2000 bis 2013 fiel der Marktanteil in Deutschland von zwölf auf sieben Prozent. Für das Traditionsunternehmen ein Desaster. Dann übernahm 2013 Karl-Thomas Neumann den Chefposten, und Tina Müller die Marketingsparte.

Mit einer gigantischen Image-Offensive versucht der Konzern seitdem, der schwer angeschlagenen Marke ein neues, besseres Image zu verpassen - weg von den alten Manta-Witzen und den Pannen- oder Spießerkisten. Hin zu besseren und cooleren Autos, die man wieder gerne kauft. „Umparken im Kopf” heißt die Devise, die dem Volk unentwegt in Werbespots und -anzeigen eingetrichtert wird. Rampensau im PR-Krieg ist Fußballtrainer und Werbegesicht Jürgen Klopp.

Breitbau-Manta und Omega Kombi

Frühsport in Oschersleben: Echte Opel-Fans waschen ihr Schätzchen noch mit der Hand. Schon am Morgen ist die Waschstraße gut besucht Frühsport in Oschersleben: Echte Opel-Fans waschen ihr Schätzchen noch mit der Hand. Schon am Morgen ist die Waschstraße gut besucht Quelle: Haiko Prengel für MOTOR-TALK Die Kampagne scheint zu wirken. Im ersten Quartal 2016 verkaufte Opel gut 59.000 Fahrzeuge und steigerte seinen Marktanteil auf 7,5 Prozent. Damit blickt man in Rüsselsheim auf das beste erste Quartal seit fünf Jahren zurück. Die Autos seien so gut, dass die Leute inzwischen wieder mit Stolz ihren Opel-Schlüssel auf den Stammtisch in der Kneipe legten, erklärt Opel-Sprecher Wolfgang Scholz. „Wir müssen uns vor keinem Mitbewerber verstecken.”

Tatsächlich präsentieren die Fans in Oschersleben ihre Autos mit großem Stolz. Den „tiefer, breiter, schneller” Manta oder den stinknormalen Omega Kombi auf dem Familienzeltplatz. Da werden schon frühmorgens die Felgen auf Hochglanz gebracht und der Lack wird mit Eifer poliert. Selbst ein oller E-Kadett oder Astra F mit schwerem Rostansatz steht zur Schau, als handle es sich um wertvolles automobiles Kulturgut.

Nach dem Polieren geht's dann zum Driftcontest auf die Rennstrecke, später ins Festzelt zur Wahl der Miss Opel. In Oschersleben fließt das Bier reichlich und lange, manche schlugen schon Pfingsten ihre Zelte auf. Welches Bier, das ist egal, beim Brennstoff ist den Opelanern Markentreue weniger wichtig. „Hauptsache es knallt”, grölen zwei Fans, die angesäuselt im offenen Kofferraum eines Astra GTC liegen.

Die "Freaks" kaufen Autos

Beim Beschleunigungsrennen auf der Achtelmeile können Opel-Fans zeigen, was in ihren Autos steckt Beim Beschleunigungsrennen auf der Achtelmeile können Opel-Fans zeigen, was in ihren Autos steckt Quelle: Haiko Prengel für MOTOR-TALK Wolfgang Scholz würde die beiden „Freaks” nennen. So nennt der Unternehmenssprecher all die Opel-Fans, die nicht brav am Unternehmensstand stehen und sich die neuen Modelle ansehen, sondern lieber auf die Kacke hauen und Party machen. Zum Beispiel in der Arena nebenan, wo wieder der „Burnator” seine Runden dreht, eingehüllt in beißenden Qualm. Der Burnator war mal ein Senator 3.0i. Jetzt vernichtet er nur Hinterreifen. Nach zwei Minuten explodieren die Pneus mit ohrenbetäubendem Lärm. Der Fahrer reckt triumphierend die Faust aus dem Seitenfenster, das Publikum jubelt.

Wegen solchen Showeinlagen war Opel selbst in Oschersleben lange Zeit nicht präsent. Mit den Prolls und ihren tiefergelegten Schüsseln hatte der Hersteller lange Zeit seine - nennen wir es: Berührungsängste. Doch inzwischen wisse man die Szene zu schätzen, sagt Scholz. Nicht nur weil die Fans eisern zur Marke stehen, sondern weil sie begeistert die neuen Autos kaufen. Auch die „Freaks”.

So ist die Adam Opel AG heute der größte Aussteller auf dem Opel-Treffen in Oschersleben und nutzt das Festival, um seine aktuellen Modelle zu vermarkten. Die Stimmung auf dem Stand ist ausgezeichnet. Wäre da nur nicht diese blöde Diesel-Affäre. Auch Opel-Modelle sind wegen erhöhter Abgaswerte aufgefallen. Der Konzern ist in Erklärungsnot und windet sich mit zweifelhaften Erklärungen.

Vieles besser, aber nicht alles gut

Wer seinen Opel liebt, der schiebt: Nicht alle Autos halten das Rennwochenende in Oschersleben ohne Ausfall durch Wer seinen Opel liebt, der schiebt: Nicht alle Autos halten das Rennwochenende in Oschersleben ohne Ausfall durch Quelle: Haiko Prengel für MOTOR-TALK Alexander hat für seinen neuen Astra Sports Tourer 37.000 Euro hingeblättert. Eine Menge Geld, allerdings hat der schmucke Wagen auch Vollausstattung mit allem Pipapo. Wären da nur nicht diese ärgerlichen Produktionsfehler, murmelt der 32-Jährige etwas verlegen und zeigt auf einen baugleichen Astra, der auf dem Opel-Stand präsentiert wird.

Der glänzende Neuwagen hat kleine, hässliche Dellen auf dem Dach, die nach Überzeugung von Opel-Kenner Alexander auf Pressfehler bei der Montage hindeuten. Und wenn man genau hinschaut, zeigen sich auch Materialpatzer bei den Fensterführungsleisten. „Das hat mein Astra auch, ab Werk”, sagt Alexander und wirkt plötzlich gar nicht mehr so euphorisch.

Hat der umjubelte Astra vielleicht doch mehr Macken als gedacht? Braun hat die Mängel an seinem Neuwagen bereits bei seinem Opel-Händler reklamiert. Ob der Hersteller Kulanz gewährt und die Reparatur der Schäden zahlt? Alexander ist skeptisch, denn es scheint sich nicht um Einzelfälle zu handeln. „Es gehen Gerüchte um, dass der Konzern die Reklamationen ablehnen wird.” Die schöne neue Opel-Welt zeigt feine Risse.

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