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VDA warnt vor britischem EU-Austritt - Deutschlands Autoindustrie fürchtet "Brexit"

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Der wiedergewählte britische Premier David Cameron tourt derzeit durch Europa. Sein EU-Referendum betrachtet die Autoindustrie mit großer Skepsis - auch in Deutschland.

David Cameron hat die Wahl gewonnen, aber sein geplantes Referendum wird mit großer Skepsis beäugt. Insbesondere in der Autobranche David Cameron hat die Wahl gewonnen, aber sein geplantes Referendum wird mit großer Skepsis beäugt. Insbesondere in der Autobranche Quelle: dpa/Picture Alliance

London – Mit der Wiederwahl von David Cameron steigen die Chancen auf ein EU-Referendum in Großbritannien. Droht ein Austritt Großbritanniens aus der EU? Für Europas Autoindustrie ein Schreckensszenario. Die britische Autoindustrie stellte sich im März 2014 öffentlich dagegen.

Damals drohte der Branchenverband „Society of Motor Manufacturers and Traders“ (SMMT) recht offen: Tritt Großbritannien aus der EU aus, stehen künftige Investitionen auf dem Prüfstand. Das gilt für die großen britischen Werke von Toyota, Honda, Nissan, Ford oder General Motors. Aber auch für die überlebenden britischen Marken: Bentley, Rolls-Royce, Jaguar-Land Rover, Aston Martin.

Jetzt hat sich auch der deutsche Branchenverband VDA zu einem britischen EU-Austritt geäußert. Das berichtet die US-Nachrichtenagentur Bloomberg. Denn für Deutschland ist Großbritannien innerhalb Europas der wichtigste Handelspartner. Rund ein Fünftel aller 2014 in Deutschland produzierten Autos gingen auf die Insel.

BMW: EU gut für Briten

VDA-Präsident Matthias Wissmann: "Alles tun, um die Briten in der EU zu halten" VDA-Präsident Matthias Wissmann: "Alles tun, um die Briten in der EU zu halten" Quelle: dpa/Picture Alliance

Nach Angaben der wirtschafsnahen Bertelsmann-Stiftung drohen bei einem "Brexit" bis 2030 Einbußen von rund zwei Prozent. Es müsse deshalb, fordert der VDA-Präsident Matthias Wissmann, alles getan werden, um die Briten in der EU zu halten.

So sieht es auch der BMW-Vorstand Peter Schwarzenbauer. Es sei gut für Großbritannien, in der EU zu bleiben. Das Land spiele eine zentrale Rolle in BMWs Produktionsverbund und sei weltweit der viertgrößte Markt für die Bayern. BMW, wie andere Autohersteller auch, beobachtet die Vorgänge auf der Insel mit Anspannung. Denn ohne den ungehinderten Zugang zum EU-Markt verliert der Standort stark an Attraktivität.

Dabei war Großbritanniens Autoindustrie zuletzt eine der wenigen Erfolgsgeschichten im vereinten Europa. 2010 noch auf das Niveau von 1980 zurückgeworfen, stieg die Produktion seitdem wieder auf knapp 1,6 Millionen Fahrzeuge pro Jahr an. Der Absatz wuchs seit 2009 um mehr als 24 Prozent.

Briten werben um deutschen Mittelstand

Um weiter wachsen zu können, braucht die britische Industrie die Vernetzung mit Europa. Denn die eigene produktive Basis bleibt nach dem jahrzehntelangen Niedergang schwach. Ein Beispiel: Nach Angaben der Automotive Investment Organisation (AIO) können nur 30 Prozent der im Automobilbau benötigten Teile vor Ort gefertigt werden.

Das ist ungefähr halb so viel wie in Deutschland. Es fehlt an hinreichend spezialisierten Zulieferbetrieben. Deshalb fördere Großbritannien derzeit massiv die Ansiedlung deutscher Mittelständler im Automobilbereich. Das berichtete die „Automobil-Produktion“ Mitte Mai.

Noch wichtiger als die Autoindustrie ist für die Briten die Finanzwirtschaft. Dort spielte die Deutsche Bank bereits öffentlich mit dem Gedanken, Geschäftsbereiche aus London nach Deutschland zu holen. Dies könnte bis zu 9.000 Arbeitsplätze betreffen.

All dies weiß auch Großbritanniens Premier David Cameron. Um die Abstimmung kommt er aber nicht herum, denn sie war eines seiner zentralen Wahlversprechen. Cameron, selbst kein „Brexit“-Befürworter, will nun mit den EU-Partnern über Reformen verhandeln. Und danach mit einem positiven Ergebnis sein Land vom Bleiben überzeugen.

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