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Porsche 911 GT3 RS 2015: Erster Test - Das ist kein Speck, das ist Power

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Der Porsche 911 991 GT3 RS hat zugelegt: In ihm stecken mindestens 60 Kilogramm mehr Technik für Tempo und bessere Rundenzeiten. Erste Fahrt im Super-Sauger.

Porsche 911 991 GT3 RS 2015: Der Super-Elfer leistet 500 PS aus 4,0 Litern Hubraum Porsche 911 991 GT3 RS 2015: Der Super-Elfer leistet 500 PS aus 4,0 Litern Hubraum Quelle: Porsche

Bilster Berg – Eigentlich gehört in den puristischsten Elfer eine manuelle Schaltbox. Doch den Porsche 911 GT3 RS gibt es nur mit dem Doppelkupplungsgetriebe PDK. Chefentwickler Andreas Preuninger begründet die Entscheidung seines Teams wie folgt: „Das PDK ist schneller“. Basta, keine Diskussion. Es gebe Fahrer, die am Ganghebel mehr Kontrolle spüren. Für die gibt es den Cayman GT4. Wer Preuningers Auto kauft, der soll als Erster durchs Ziel rasen. Das funktioniere im GT3 RS nur, wenn sich zwei Kupplungen abwechseln.

An den Achsen des 911 GT3 RS drehen sich die Reifen des 918 Spyder: 265er vorn, 325er hinten An den Achsen des 911 GT3 RS drehen sich die Reifen des 918 Spyder: 265er vorn, 325er hinten Quelle: Porsche Ein Zugeständnis, aber kein Kompromiss. Denn weniger Gewicht bedeutet nicht zwangsläufig schnellere Rundenzeiten. Die Entwickler haben die (schwerere) Schaltbox neu abgestimmt. Innerhalb einer Zehntelsekunde reagieren die Kupplungen auf den Schaltbefehl. Zum Renngetriebe fehlt gefühlt nur der kräftigere Ruck. Im Leerlauf rasselt und scheppert es aus dem Heck. Dämmung gibt es kaum im GT3 RS. Die erwartet man auch nicht in einem Auto mit serienmäßigem Überrollbügel.

Porsche 911 GT3 RS: Doppelkupplungsgetriebe und 4,0 Liter Hubraum

Wie lange der Gang drin bleibt, entscheidet der Fahrer selbst. Im manuellen Schaltmodus gibt es keine Hochschalt-Automatik. Wer den Begrenzer sucht, der findet ihn – bei 8.800 Umdrehungen pro Minute. Der Vorgänger war noch 300 Touren zahmer und gut eine halbe Sekunde langsamer auf Tempo 100.

Auf dem Papier ähneln sich die stärksten Saugmotoren der 911-Baureihen 997 und 991. Beide leisten 500 PS und 460 Newtonmeter Drehmoment und haben 4,0 Liter Hubraum. Basis für den neuen 911 GT3 RS war jedoch der 3,8-Liter-Boxer des aktuellen GT3. Mit vier Millimetern mehr Kolbenhub wächst der Hubraum um etwa 200 Kubikzentimeter. Wie in der Basis gibt es Pleuel aus Titan, Schlepphebel für die Ventilbetätigung und eine Trockensumpfschmierung. Die Kurbelwelle bekommt die gleiche Stahllegierung wie die des Le-Mans-Prototypen 919 Hybrid.

Bei Höchstgeschwindigkeit lastet der Fahrtwind mit insgesamt 345 Kilogramm auf der Karosserie Bei Höchstgeschwindigkeit lastet der Fahrtwind mit insgesamt 345 Kilogramm auf der Karosserie Quelle: Porsche Erstmals saugt der „Viernuller“ seine Frischluft nicht über den Heckdeckel an. Hutzen über den hinteren Radläufen leiten die Luft seitlich durch die Karosserie in den Motor. Bei hohen Geschwindigkeiten entsteht der sogenannte „Ram Air“-Effekt: Der Fahrtwind presst sich so stark in den Ansaugtrakt, dass dort ein Überdruck entsteht. Ähnlich wie bei einem Motor mit Turbolader oder Kompressor, nur schwächer. Preuninger sagt, das steigere die Leistung bei Höchstgeschwindigkeit zusätzlich um mindestens zehn PS.

Turbo-Karosserie, Heckantrieb und Leichtbau

Damit all die aerodynamischen Tricks, eine Hinterachslenkung und die Reifen des Porsche 918 Spyder im GT3 RS Platz finden, steckt Porsche die Technik in die breitere Turbo-Karosserie. Dicke Backen schaffen hinten zwei Finger zusätzlichen Platz, vorn knapp fünf Zentimeter. Leichtere Karosserieteile sparen etwa zehn Kilogramm Gewicht: Kotflügel, Fronthaube und Heckdeckel bestehen aus Carbon, die Türen aus Aluminium und das Dach aus Magnesium mit einem Millimeter Stärke. Zudem sind Heckfenster und die hinteren Seitenscheiben aus Polycarbonat. All das sieht man nicht, hört es aber: Beim Klopfen erzeugt jedes Teil einen anderen Ton.

Besonders stolz ist Preuninger auf die Luftführung seines Autos. Öffnungen an den vorderen Kotflügeln erhöhen den Abtrieb und wirbeln Frischluft zu den hinteren Lufteinlässen. Ohne Ansaugöffnung auf dem Heckdeckel schmiegt sich der Fahrtwind besser an die Karosserie. Das mache den riesigen Heckflügel effizienter. Bei Höchstgeschwindigkeit drückt die Luft mit insgesamt 345 Kilogramm auf den Elfer – etwa 200 Kilogramm mehr als beim Vorgänger und 20 Prozent weniger als bei der Cup-Version.

Das Lenkrad stammt vom 918. Für ein besseres Gewicht lassen sich Audio- und Klimaanlage abwählen. Die Nachrüstung ist nicht möglich Das Lenkrad stammt vom 918. Für ein besseres Gewicht lassen sich Audio- und Klimaanlage abwählen. Die Nachrüstung ist nicht möglich Quelle: Porsche Vom Rennwagen übernimmt der GT3 RS zudem die „Pit Speed“-Funktion, einen Geschwindigkeitsbegrenzer für die Boxengasse, der per Knopfdruck aktiviert wird. Spur, Sturz, Fahrwerkshöhe und Stabilisatoren sind verstellbar, das Hinterachs-Differenzial sperrt dynamisch. Das angegebene Leergewicht von 1.495 Kilogramm (inklusive Fahrer) erreicht der RS aber nur mit Aufpreis und Verzicht. Eingerechnet sind eine Lithium-Ionen-Starterbatterie (- 13 Kilogramm, 2.261 Euro), Keramikbremse (9.186,80 Euro) und der Entfall von Klimaautomatik und Audiosystem. Letzteres gibt es immerhin ohne Mehrpreis. Zum Vergleich: Ein 911 Turbo mit ähnlichen Maßen und Allradantrieb wiegt 1.680 Kilogramm.

Porsche 911 GT3 RS: Schnellere Rundenzeiten trotz mehr Gewicht

Mit üblicher Ausstattung wiegt der neue GT3 RS also etwa 100 Kilogramm mehr als der GT3 RS 4.0 der Baureihe 997 von 2011. In seiner leichtesten Version sind es 60 Kilogramm Unterschied. Trotzdem rast er mit gleicher Leistung etwa zehn Sekunden schneller um die Nürburgring-Nordschleife als sein Vorgänger. Porsche gibt eine Rundenzeit von 7:20 Minuten an. Mehr Anpressdruck, ein längerer Radstand, breitere Räder, eine breitere Spur, Hinterachslenkung und Doppelkupplungsgetriebe machen den neuen RS flinker als seine Vorgänger.

Bei aller Theorie – seine Talente zeigt der 911 GT3 RS erst auf der Rennstrecke. Dort wirken Heckflügel und 325er-Hinterreifen auf 21 Zoll nicht prollig, sondern sinnvoll. Mit ihnen sprintet er fast so schnell auf Tempo 100 wie der 911 Turbo mit Allradantrieb. Der Fahrtwind presst den GT3 RS so fest auf den Boden, dass in Senken der Titan-Endtopf auf dem Asphalt schabt. Fahrwerk und Pneus bieten mehr Traktion als die meisten Fahrer Mut haben. Elektronische Helfer greifen erst bei Fahrfehlern ein.

Der Drehzahlbegrenzer des 911 GT3 RS liegt bei 8.800 Umdrehungen pro Minute Der Drehzahlbegrenzer des 911 GT3 RS liegt bei 8.800 Umdrehungen pro Minute Quelle: Porsche Mit geübter Hand am Lenkrad bleibt der RS auf der Piste ruhig wie ein Macan vor dem Kindergarten. Straffe Motorlager fangen Lastwechsel auf, Aerodynamik, Fahrwerk und Reifen zu wilde Lenkmanöver. Der Boxer im Heck schreit ab 7.000 Touren in den Innenraum, brüllt ohrenbetäubend nach mehr Drehzahl. Seine Kraft reißt bis zum Begrenzer nicht ab. Kein Zittern, keine ungewollten Resonanzen. Obwohl die Kolben bei 8.800 Touren mit durchschnittlich 23,32 Metern pro Sekunde (oder knapp 84 km/h) pumpen. Mehr als 20 Meter pro Sekunde gibt es nur selten in einem Serienfahrzeug.

Bloße Zahlen können die Fahrt in diesem Elfer kaum wiedergeben. Zumal hohe Ziffern nicht gleichbedeutend mit schnellen Autos sind. Die Höchstgeschwindigkeit war bei der Entwicklung nebensächlich – im Vergleich zum schwächeren GT3 (475 PS) sinkt sie um 5 auf 310 km/h. Eine kürzere Achsübersetzung verbessert dafür den Durchzug in allen Gängen.

Eine Zahl ist jedoch selbst für GT3-RS-Kunden wichtig: Mit Überrollbügel, aber ohne Zusatzausstattung kostet der Elfer 181.690 Euro. Das entspricht rund 45.000 Euro Aufpreis zum normalen GT3. Ein limitierter 911 997 RS 4.0 war 3.100 Euro günstiger. Immerhin: Die echte Rennversion Porsche 911 GT3 R kostet mehr als das Doppelte.

Porsche 911R (991) 2016: Motor, Daten, Preis

Porsche 911 GT3 RS: Technische Daten

  • Motor: 4,0-Liter- Sechszylinder-Boxer
  • Getriebe: 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, Hinterradantrieb
  • Leistung: 500 PS (368 kW) bei 8.250 Umdrehungen
  • Drehmoment: 460 Newtonmeter bei 6.250 Umdrehungen
  • Gewicht: 1.495 kg (EG)
  • Verbrauch: 12,7 l/100 km
  • CO2: 296 g/km
  • 0 – 100 km/h: 3,3 s
  • 0 – 200 km/h: 10,9 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 310 km/h
  • Bremsscheiben: 380 mm rundum, optional 410 mm vorn, 390 mm hinten (Keramik)
  • Länge x Breite x Höhe in m: 4,55 x 1,88 x 1,29
  • Radstand: 2,46 m
  • Preis: 181.690 Euro
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