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Proteste gegen VW-Rückruf in China - China will neue Achsen, kein Rappel-Blech

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VW ruft in China 563.605 Fahrzeuge wegen Achsproblemen zurück. Doch die Reparatur gefällt den Kunden nicht: Sie protestieren gegen die Art der Fehlerbehebung.

Mehr als eine Million Rückrufe weltweit: VW ruft alle Fahrzeuge mit Koppellenker-Hinterachse zurück Mehr als eine Million Rückrufe weltweit: VW ruft alle Fahrzeuge mit Koppellenker-Hinterachse zurück Quelle: VW China und people.cn

Shanghai – Der chinesische VW Jetta soll klappern. Allerdings nur, wenn er kaputt ist: VW rüstet in China bei gut 560.000 Exemplaren des Sagitar, so heißt der Jetta dort, eine Sicherheitsvorrichtung nach.

Mehr als eine Million Rückrufe weltweit: VW ruft alle Fahrzeuge mit Koppellenker-Hinterachse zurück Mehr als eine Million Rückrufe weltweit: VW ruft alle Fahrzeuge mit Koppellenker-Hinterachse zurück Quelle: VW China und people.cn Die soll künftig vermeiden, was heute viele Chinesen aufregt. Laut Medienberichten kam es bei einigen Sagitar ohne offensichtlichen Grund zu Hinterachsbrüchen. Verantwortlich dafür seien jedoch Vorschäden durch Unfälle, sagt VW. Die chinesische Behörde für Qualitätskontrolle (AQSIQ) ordnete trotzdem einen Rückruf an. VW gehorchte: Zusätzliche Bleche an den Längsträgern der Hinterachse sollen Alarm scheppern, sollte die Achse nach einem Unfall beschädigt sein.

VW sagt, dass es prinzipiell keine technischen Probleme mit der Koppellenker-Hinterachse des Modells gibt. Die Defekte treten nur dann auf, wenn ein vorheriger Schaden (wie beispielsweise nach einem Heckunfall) nicht repariert wurde. Falls die Achse dabei gestaucht wurde, könne sie später brechen. Die Achse selbst sei sicher, die Rückrufaktion eine Vorsichtsmaßnahme.

Rückruf in China: Proteste gegen Reparatur-Maßnahme

Das genügt den chinesischen VW-Fahrern jedoch nicht. Sie fordern neue, bessere Achsen, zum Beispiel die Mehrlenker-Variante. Die Online-Ausgabe von „China Daily“ berichtete am 28. Oktober, dass es in China zu „landesweiten Protesten“ gekommen sei. Sagitar-Besitzer hätten im Internet dazu aufgerufen, weitere sollen folgen. Die Sicherheitsbleche würden nicht genügen, stärkeres Material soll her.

Ein Blech am Längsträger macht Geräusche, wenn die Achse nach einem Unfall gestaucht ist Ein Blech am Längsträger macht Geräusche, wenn die Achse nach einem Unfall gestaucht ist Quelle: people.cn Offenbar gibt es unterschliedliche Ansichten zu den Ursachen der Achsbrüche. China Daily zitiert den Sagitar-Fahrer Dai Dush: „Es ist wie eine tickende Zeitbombe. Ich habe Angst, die Hinterachse könnte brechen und meine Familie verletzen, besonders, wenn wir mit hoher Geschwindigkeit fahren“, sagte der 36-jährige Geschäftsmann der Zeitung.

„Mit der Achse ist alles in Ordnung“

Auf Nachfrage von MOTOR-TALK bestätigte ein VW-Sprecher, dass es keine technischen Probleme mit der Achse gebe. Die Koppellenker-Hinterachse ähnelt der Mehrlenker-Hinterachse und wird seit Jahren weltweit in mehreren Modellen eingesetzt.

Verantwortlich für die Probleme sei, dass man der Achse eine Vorschädigung nicht gleich ansieht. Dem Hersteller sei „eine niedrige, dreistellige Anzahl“ von gebrochenen Achsen bekannt. Bei allen sei ein Vorschaden diagnostiziert worden. Ein Heckunfall könne die Längsträger stauchen. Das sei kaum zu erkennen, könne aber langfristig zu einem Achsbruch führen.

Der chinesische Markt und sein großer Einfluss auf den Geschäftserfolg von VW zwingen den Konzern dazu, auf die protestierenden Kunden zu reagieren – selbst, wenn die Ursache nicht im Material liegt. Ein Viertel des Konzern-Umsatzes sowie ein Drittel des Gewinns im vergangenen Jahr stammen aus China.

Im März 2013 hatte VW in China fast 400.000 Fahrzeuge mit Doppelkupplungsgetriebe zurückgerufen und die Garantie verlängert. Das „Handelsblatt“ schätzte, diese Aktion habe mehr als 400 Millionen Euro gekostet. Nach Protesten gegen die Bevorzugung chinesischer Kunden ließ VW weltweit Getriebeöl tauschen.

Der Ruf steht auf dem Spiel

In China ruft VW die Jetta-Schwester Sagitar und einige Beetle zurück In China ruft VW die Jetta-Schwester Sagitar und einige Beetle zurück Quelle: VW China Wieder geht es um den Ruf, die Qualität, die Sicherheit. Der Konzern soll wachsen, vor allem in China. VW muss jetzt kommunizieren. Beweisen, dass die Achsen stabil sind. Aufklären, dass das Auto nach einem Unfall in die Werkstatt muss – auch, wenn die Räder nicht krumm stehen. Und Bleche nachrüsten, die nicht stabilisieren, aber warnen.

VW ruft deshalb weltweit alle betroffenen Fahrzeuge mit Koppellenker-Hinterachse zurück. Allein in China und den USA sind mehr als eine Million Autos betroffen.

Anders als beim DSG-Rückruf im vergangenen Jahr gibt es im MOTOR-TALK Forum keine Berichte von ähnlichen Problemen in Deutschland. Trotzdem wird es die Klapper-Bleche bald auch hier geben. Im ersten Quartal 2015 ruft der Hersteller deshalb 15.500 Fahrzeuge in die Werkstatt. Betroffen sind VW Jetta aus den Modelljahren 2011 bis 2013 und VW Beetle aus 2012 und 2013.

Quelle: FAZ, China.org, China Daily,

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