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BMW i3: Erfahrungsbericht, Test eines Besitzers - 2 Jahre I3: Strom bleibt mein neuer Sprit

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Zwei Jahre i3. Zeit, über einen Verkauf nachzudenken. Doch wo ist die Alternative? Unser Autor Michael Specht findet, dass die Konkurrenz dem Carbon-BMW immer noch hoffnungslos hinterher fährt.

Unser Autor mit frisch gebrochenem Finger in seinem privaten BMW i3 Unser Autor mit frisch gebrochenem Finger in seinem privaten BMW i3 Quelle: Michael Specht für MOTOR-TALK

Von MOTOR-TALK-Reporter Michael Specht

Hamburg - Sind die anderen eigentlich zu doof oder nur zu feige? Da entwickelt BMW bereits im vergangenen Jahrzehnt ein revolutionäres Elektroauto unter dem Decknamen „project i“. Es ist anders als alle anderen Autos, im Design, im Antrieb, in der Produktion, in den Werkstoffen. Ende 2013 kommt dieser Wagen als i3 auf den Markt, wird in Deutschland zum erfolgreichsten E-Mobil und bis heute weltweit über 46.000 Mal verkauft. Und was macht die Konkurrenz? Dreht sich im Bett nochmals um und schläft weiter.

Zwei Jahre i3 sind gefahrene Ausbildung

Welchen Vorsprung BMW bereits herausgefahren hat, wird mir derzeit im täglichen Umgang mit dem i3 bewusst. Zwei Sommer, zwei Winter und 25.000 Kilometer hat mein im Frühjahr 2014 gekauftes Exemplar jetzt abgespult – ohne größere Probleme (zu den kleineren kommen wir noch). Nach dieser Zeit denkt man schon mal an den Weiterverkauf. Doch was sollte ich danach fahren? Gibt es überhaupt eine Alternative in diesem Segment? Nein, weder aus Deutschland, noch irgendwo anders her. Ziemlich traurig, das Ganze.

Wo ist ein vergleichbarer Audi

Ford Focus, die Mercedes B-Klasse und der e-Golf sind biedere Großserienautos, denen man lediglich E-Maschine und Batterie eingebaut hat. Äußerlich nicht als Elektroauto wahrnehmbar. Wo ist da der Reiz? Audi hat allen Vorsprung durch Technik verspielt, seine 2011 auf der IAA gezeigte coole A2-Studie wieder eingemottet. Dieses Modell hätte längst als Pendant zum i3 auf der Straße sein können.

Nissans Leaf hat weniger Leistung, ist fast einen halben Meter länger als der i3, was die Stadttauglichkeit einschränkt, und sieht nach meinem Geschmack einfach schrecklich aus. Die gegenläufig öffnenden Türen sind immer wieder ein Hingucker. Im Alltag fühlt sich das Handling komisch an Die gegenläufig öffnenden Türen sind immer wieder ein Hingucker. Im Alltag fühlt sich das Handling komisch an Quelle: BMW

Opel ist besser

Besser macht die Sache Opel. Die Rüsselsheimer wollen Ende dieses Jahres, vermutlich aber erst Anfang 2017 den Ampera-e bringen, ein Derivat des Chevrolet Bolt. In Sachen Innovation und Qualität fährt der US-Stromer jedoch mindestens eine Stufe unter dem i3. Bliebe der Tesla 3, den ja angeblich mehr als 300.000 Menschen blind bestellt haben. Wäre in der Tat eine Alternative, gäbe es ihn heute. Doch ich denke nicht daran, weit über zwei Jahre darauf zu warten. Zudem ist er mir für den City-Einsatz vermutlich zu groß.

Die momentanen Nachteile eines E-Autos sind nicht von der Hand zu weisen. Aber kann ich anderes erwarten, am Beginn einer neuen Art von Mobilität? Die hierzulande homöopathische Verbreitung liegt jedoch nicht an der dünnen Ladesäulen-Infrastruktur, weil die meisten Besitzer eh zu Hause an der Steckdose laden. Schlimmer wiegen die geringe Reichweite und der hohe Neuwagenpreis.

Teuer, aber spannend

34.950 Euro kostet der i3. Mit ein paar Extras (Ausstattung „Lounge“, Comfort-Paket, Sitzheizung, LED-Scheinwerfer und größeren Leichtmetallfelgen) habe ich 44.250 Euro bezahlt. Eine stolze Summe für ein Vier-Meter-Gefährt. Doch sollte man hier nicht die Frage nach der Kosten-Nutzung-Rechnung stellen. Ein Elektroauto wie den i3 kauft man aus rein emotionalen Gründen, einfach, weil man ihn haben und damit ein Statement setzen will.

Im Winter endet die Reichweite schneller als erwartet. Um die Batterie zu schonen, verzichtet unser Autor gelegentlich auf Wärme im Auto. Im Winter endet die Reichweite schneller als erwartet. Um die Batterie zu schonen, verzichtet unser Autor gelegentlich auf Wärme im Auto. Quelle: Michael Specht für MOTOR-TALK

Belohnt wird der Deal mit Fahrspaß pur. Besonders die Kombination aus Ruhe und spontanem Antritt fasziniert immer wieder aufs Neue. Es ist das ideale und moderne Auto für die Stadt, entspannt, leise, emissionsfrei. Auch in den Punkten Konnektivität, Komfort und Kofferraum gibt es am i3 nichts zu kritisieren. Sein Wendekreis ist phänomenal klein, was man besonders in Parkhäusern spürt. Lediglich das Konzept der gegenläufig öffnenden Türen nervt. In engen Situationen hat es nur Nachteile. Ich kann nicht einmal eine Tasche von den Rücksitzen nehmen, ohne mich zwischen Vorder- und Hintertür selbst einzukeilen.

Das Material hält besser als erwartet, der Wert nicht

Raumangebot, Übersichtlichkeit, Bedienung, die höhere Sitzposition und der damit verbunden leichtere Ein-und Ausstieg machen den Alltag im i3 angenehmer als in anderen Autos der Kompaktklasse. Skepsis hatte ich zunächst bei den Recycling- Materialien an Türen und Sitzbezügen, ein Kunststoff aus ehemaligen Plastikflaschen. Doch alles hat sich prima bewährt, ist pflegeleicht und sieht heute noch aus wie neu.

Bewusst war ich mir über den hohen Wertverlust. Niemand kann hierzu momentan seriöse Aussagen treffen. Der entscheidende Faktor ist die Batterie. Zwar gibt BMW acht Jahre Garantie auf die Lebensdauer der Zellen. Doch wird dies mit ziemlicher Sicherheit hinfällig sein. Schon dieses Jahr kommt der i3 mit einer 50 Prozent leistungsfähigeren Batterie. Die Reichweite im Alltag soll dann über 200 Kilometer liegen. Jetzt schafft man im Schnitt 130 Kilometer. Im Sommer. Wird’s kälter, schwächen die Heizung und das Klima-Management der Lithium-Ionen-Zellen massiv die Batteriekapazität. Die Reichweite sackt dann auf unter 100 Kilometer. Kein beruhigendes Fahrpolster.

Mein i3 verbraucht mehr als ein Golf Diesel

Auch kostenmäßig klaffen Theorie und Praxis bei der Elektromobilität weit auseinander. Hieß es von BMW bei der Präsentation des i3, die Stromkosten entsprächen einem Dieselverbrauch von 2,5 Litern, hat mein i3 diesen Wert in seinen zwei Jahren nie erreicht. Ein tatsächlicher Sommer-Winter-Mixverbrauch von 14 kWh/100 km bedeutet etwa 17 kWh, die als Stromverbrauch am Hauszähler angezeigt werden (aufgrund von Ladeverlusten). Diese Strommenge kostet derzeit fünf Euro. Ein Golf Diesel fährt somit günstiger.

Gespannt war ich auf die nach zwei Jahren fällige erste Inspektion. Was sollte schon sein? Der i3 ist rost- und seine E-Maschine (170 PS) verschleißfrei. Selbst die Bremsen sind noch wie neu, weil man fast nur mit dem Fahrpedal verzögert. Belege und Bremsscheiben werden geschont. Bremsstaub, der die Felgen konventioneller Autos schon nach wenigen Wochen hässlich verschmutzt, kennt der i3 selbst nach 25.000 Kilometer nicht.

In der Werkstatt

Die Inspektionsrechnung betrug dennoch über 400 Euro. Gewechselt wurden turnusmäßig (alle zwei Jahre) die Bremsflüssigkeit und der Innenraumfilter. Der Rest war Sichtkontrolle und ein Software-Update. Vorsichtshalber tauschte die Werkstatt auf eigene Rechnung noch eine Verschraubung am Motorlager aus. Man hätte bei einigen i3 verbogene Bolzen registriert, heißt es dazu aus München und wolle im Zuge des ersten Service bei allen i3 dieses Bauteil tauschen. Doch krumm waren die Dinger lediglich bei wenigen Autos aus dem Drive-now-Fuhrpark. Kunden hatten vereinzelt Leih-i3 zu heftig über Speed-Bumps geprügelt und so die Bolzen verbogen.

Fazit

Was haben mich die zwei Jahre im BMW i3 gelehrt? Erstens: Man kommt mit einem E-Auto wunderbar im Alltag zurecht. Zweitens: Kein Auto in der Viermeter-Klasse bietet mehr Fahrfreude. Und drittens: Etwas, das ich zuvor nicht geglaubt hätte. Ich plane keine Rückkehr zum Verbrennungsmotor. Wer ein Smartphone besitzt, kauft danach kein Tasten-Handy mehr, das maximal SMS versenden kann. Und die Tatsache, dass zum i3 kurzfristig keine Alternative in Sicht ist macht den Entschluss sogar noch leichter. Strom bleibt auch in Zukunft mein neuer Sprit.

TECHNISCHE DATEN BMW I3

Motor: Elektromotor

Leistung: 170 PS

Batterie: 360-Volt-Lithium-Ionen-Batterie mit 22 kWh

max. Drehmoment: 250 Nm

0 -100 km/h: 7,2 s

Höchstgeschwindigkeit: 150 km/h

Leergewicht: 1.270 kg

Reichweite: 190 km

Kofferraum: 200 - 1.100 l

Durchschnittsverbrauch: 12,9 kWh/100 km

Preis: 44.250 Euro (Auto des Autors)

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