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Wed Dec 07 19:01:04 CET 2016    |    Tobner    |    Kommentare (4)

Glückauf miteinander:)

 

Lange ist nichts geschehen hier, es klemmt auch ein wenig die Säge bei mir. Ich wollte schon viel schreiben, eine neue Rubrik "meine Patienten" eröffnen, in denen ich von den vielen Reparaturen und fahrzeugspezifischen Eigenheiten berichten wollte, die mir so täglich über den Weg laufen. Ich wollte euch mein Winterauto vorstellen, Erfahrungsberichte posten, Bilder und Furz und Feuerstein... Vllt werde ich demnächst wieder etwas aktiver.

 

Anfangen, oder eher weitermachen wollte ich mit dem Audi. Tja, wer meinen Blog gelesen hat, mag sich vllt denken "Was will er denn noch alles machen an dem Karton?!" Ich verrats euch: Ich baue eine andere Einspritzanlage ein. Warum der aufwand? Warum die originale KE-Motronik nicht drinlassen? Ich fasse es mal Stichpunktartig zusammen:

 

1. Die KE "drosselt" den Motor. Gleichzeitig ist die KE doch recht durstig. Das liegt einfach daran, dass sie permanent durch die Einspritzdüsen (keine Ventile) einspritzt. Bei niedrigen Drehzahlen spritzt sie auf die geschlossenen Ventile, bei hohen Drehzahlen kommt sie kaum hinterher. Die Sensorik ist wirklich "blind", "taub" und lahm ist sie auch noch.

 

2. "EOE" Entfallen ohne Ersatz. Besitzer alter Audis und VWs hören den Spruch bei fast jeder Ersatzteilbestellung. Eine schwache Kür für VW, bitter für die Liebhaber. Es gibt einige Teile der KE nicht mehr, wodurch man im Fehlerfall gezwungen ist, auf Gebrauchteile zurück zu greifen. Die sind aber auch alle 25 Jahre alt und nicht viel besser als der eigene Mist.

 

3. schlechter Support. Wer kennt sich heutzutage noch richtig mit so einer Steinzeittechnik aus? Vorallem wenn die Fehlersuche mit Laptop fast unmöglich ist und die KE durch viele Sensoren, wie Lambdaregelung, Schubabschaltung, Volllastanreicherung "verkompliziert" wurde?! Im Störfall fängt man aufwendig an zu messen, Falschluft zu suchen (worauf die KE extrem empfindlich reagiert) und die Sensoren zu kontrollieren, Kabel zu messen. Wenn hier kein Fehler zu finden ist, gehts an die sehr komplexe Mechanik (Benzindruck, Benzinfilter, Mengenteiler samt Steuerkolben, Stauscheibe (sehr fein justiert), CO-Schraube, Einspritzdüsen,...). Das erfordert viel Zeit und Erfahrung...

 

Mein persönlicher Grund, der KE den Rücken zu kehren, oder der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, war der Defekt des Stauscheibenpotentiometers. Das Thema ist schon in anderen Artikeln meines Blogs zu lesen und brachte mich an den Rand der Verzweifelung mit dem Audi.

 

Sooooooooooo, fangen wir mal an :D

So ein Umbau ist nicht mal Samstag nachmittag gemacht und Bedarf sehr viel Recherchearbeit, Verständnis in Sensorik und Aktorik und Lust auf Bastelei. Problematisch ist hier vor allem die Basis, mit der ich starte. Von der KE kann so gut wie nichts beibehalten werden, ich könnte genauso gut einen uralten Vergasermotor auf eine modere Einspritzanlage umbauen. Angefangen von der rollenden Zündung, die ich auf ruhende umbauen möchte, über die ganzen Sensoren, die nachgerüstet werden müssen bis hin zu mechanischen Anpassungen, um bspw. die Einspritzdüsen gegen -ventile zu ersetzen.

 

Schließlich hat man die Qual der Wahl, man kann ja verwenden was man möchte. Ob das nun weiterhin Zündverteiler ist, oder Stabzündspulen, ob das Luftmengenmesser, luftmassenmesser oder keinem von beiden fahren möchte kann man machen wie man lustig ist.

Anfangen wollte ich mit der Zündung. Plan war (und ist), eine ruhende Zündung zu fahren. Verwendet werden sollte das 60-2 Triggerrad, was vom 1.4 TFSI an den alten 16V passt. Hier geht das Elend schon los. Das Rad sitzt auf der Kurbelwelle zwischen Block und Schwungrad. Ergo muss das Getriebe raus, ergo Scheißarbeit in einer ungeheitzten Garage.

Passend dazu wollte ich Stabzündspulen verwenden. Die Spulen vom 2.0 TFSI (Golf 5 GTI) passen war mechanisch in den Ventildeckel und auf die Kerzen, nur ist die Zündendstufe am oberen Ende zu groß. Die Stabzündspulen vom R32 passen von der Zündentstufe, sind aber zu kurz. Im worst-case muss ich auf eine normale Zündspule und Zündkabel zurückgreifen.

 

Bei den Einspritzventilen passt auch überhaupt nichts. Man kann in der Saugbrücke die alten Einsätze der Einspritzdüsen herausschrauben und passende Einsätze vom VW G60 einschrauben. Somit kann man schonmal die "neuen" Einspritzventile ins Saugrohr stecken. Ab hier wirds aber tricky. Man benötigt eine passende Einspritzleiste. Bei Epytec gibts zwar eine, die passt aber nur bei den VW-Ansaugbrücken, nicht bei Audi. Es wird darauf hinauslaufen, dass ich Ansaugbrücke, Einspritzventile und deren Einspritzleiste zu Epytec einschicke und anpassen lasse. Dann nur noch einen Benzindruckregler in die Einspritzleiste schrauben und fertig.

 

Eine weitere Baustelle ist die Erfassung der Drosselplappenstellung. Durch den Fächerkrümmer vom 2.3E 20V Sauger passen nur noch wenige Drosselklappen. Da ist aber keine mit internem Potentiometer dabei. Eine Option wäre, ein Potentiometer an die Drosselklappe zu schrauben. Eine weitere wäre ein Poti am Gaspedal (evtl. das vom 1.9TDI mit E-Gas) oder halt ein umbau auf E-Gaspedal, was aber wieder erheblicher Aufwand ist.

 

Ihr seht, es passt nicht so leicht zusammen, mein Puzzle...

Fortsetzung folgt dann im Laufenden Betrieb, kommen wir zu den Arbeiten, die mich wieder viele Nerven, Muskelkater und Blutblasen gekostet haben :D Abgefallener HitzeschutzAbgefallener Hitzeschutz

Angefangen habe ich mit den leichten Sachen, sozusagen den Amateurarbeiten :D Ansaugbrücke runter, Luftfilter- und Ansauggedöns weg, Abgaskrümmer ab, gefolgt von der kompletten AGA. Der Krümmer war an einer Stelle am Zylinderkopf undicht, das billige Keramik-hitzeschutzband hatte sich in Wohlgefallen augelöst und es störte mich sowieso, dass der Krümmer am Getriebe anlag. Jetzt wird alles nochmal gemacht. Wie sagt die Oma immer "Wer billig kauft, kauft zweimal". Es kommt noch ein Einschweißfitting für die Abgasüberwachung rein und wird etwas angepasst, damit es nirgends mehr anstößt.

An die Ansaugbrücke habe ich mal die Epytec-Einspritzleiste gehalten. Wie auf den Bildern zu erkennen ist, passt nichts. Die Befestigungslaschen sind völlig falsch positioniert. Das liegt aber am Saugrohr, nicht am Hersteller.

 

Krümmer liegt am Getriebe anKrümmer liegt am Getriebe an

 

Krümmer am sauenKrümmer am sauen

 

Danach ging es an den Getriebeausbau. Jetzt kommt für Erwachsene. Schlechtere Bedingungen gibt es für solche Arbeiten kaum. keine Bühne, keine Heizung, schlechtes Licht, längs eingebauter Motor und Allradgetriebe. Ich fing sachte an, um mich dann zu steigern. Erst löste ich die Antriebswelle vorne, baute sie nach vielem hin und her dann doch komplett aus. Dann die Kardanwelle. Diese ist am Getriebe und am Differential mit jeweils 6 Imbusschrauben(!!!!!!!!!) befestigt, die auch noch eingeklebt sind. Prima. Ich freute mich. Wirklich.

 

EinspritzleisteEinspritzleiste

 

nix passtnix passt

 

so auch nichtso auch nicht

 

und so erst recht nichtund so erst recht nicht

 

Komischerweise gingen alle Schrauben mit erheblicher Gewaltanwendung auf. Bis auf die letzte. Ich steckte den mittlerweile 2. Schlüssel in die Schraube, nachdem der erste klirrend zerpsrang und meine Fingerknöchel sanft den Unterboden streicheln liesen. Als ich wieder klar denken konnte, drehte ich am Schlüssel. Kennt ihr das, wenn man am Schlüssel hängt, schnaufend und schwitzend, der Schlüssel eine Kurve beschreibt und sich dann gaaanz langsam bewegt, aber der Schraubenkopf nicht?! Geil ne :D

Schraube rund, ich kotzte im Dreieck. Der Versuch, einen größeren Torx-Bit in den Kopf zu massieren, brachte kein Ergebnis.

 

zerknödelte Kardanwellezerknödelte Kardanwelle

 

Gerissene Antriebsmanschette vorn getriebeseitigGerissene Antriebsmanschette vorn getriebeseitig

 

Hartweizengries im Gelenk. Gut für ArthroseHartweizengries im Gelenk. Gut für Arthrose

 

Wasserpumpenzange. Ein Werkzeug für echte Männer. Angesetzt, abgeschnappt, Finger eingeklemmt bis eine dunkelrote Blase wuchs. Nochmal angesetzt, dabei die Ummantelung der Manschette zerknödelt. Gedreht hat sich aber dennoch nichts. Die Schraube lachte mich höhnisch aus. Ich nahm also ein einzelnes Sägeblatt und fing an, den Schraubenkopf durch zu feilen. Sägen kann man es nicht nennen, die Schrauben sind gehärtet. Nach einer halben Stunde hatte ich endlich die Kardanwelle geerntet. Ich weiß nicht wie es passieren konnte, aber ich hatte absolut keine Lust mehr und machte mit dem Wissen, dass der wirklich schwierige Teil erst noch kommt, Feierabend.

 

Am nächsten Tag wollte ich es dann aber wissen. Getriebeausbau. Ich löste das Getriebe am Motor und am Achsträger, baute den Nehmerzylinder ab und orderte eine unschuldige Seele, die mir mit zur Hand gehen sollte. Wir kippten den Motor vorne nach oben und schoben das Getriebe so weit es ging nach hinten. Es klemmte im Getriebetunnel. Wir bauten die Getriebelager aus, mit denen wir das Getriebe noch 3cm nach unten brachten. Es half nichts. Motor weiter hoch. wieder runter. Getriebe hin, her, wieder zurück, Motor wieder herumgerüttelt. Es ging nicht. Schließlich löste ich den gesamten Achsträger von der Karosse und 20 min später lag der Klotz unterm Auto.

 

"Und nun?!"

"Zieh es unterm Auto raus"

"Geht nicht"

"Wiesou????"

"Es klemmt"

"Erzähle nich!" ... "HM?! Nanu, Es klemmt tatsächlich"

"Zusammen ... Hau RUUUUCK"

 

ein Wagenheber unterm Motor, einer unterm Getriebe + mein Helferein Wagenheber unterm Motor, einer unterm Getriebe + mein HelferEs bewegte sich. Es hat nicht geklemmt, es war nur so schwer, dass man es allein, vorallem liegend halb unterm Auto, nicht schieben konnte. Irgendwann war es dann doch befreit. Beim Anblick des Getriebes wurde klar, warum es schwer war. Es ist wirklich gut proportioniert. Um nicht zu sagen immens (zumindest für einen so kleinen wagen wie der Audi 80). Die Getriebeglocke ist extrem verölt. Da werden wohl die Dichtringe der Eingangswelle und der Dichtring an der Kurbelwelle den Geist aufgegeben haben. Dürfen sie auch nach 304 tkm. Danach schraubte ich die Kupplung herunter. Und siehe da: zwei Torsionsfedern der Kupplungsscheibe waren gebrochen. Das erklärt sicherlich das hässliche Rasseln bei bestimmten Lastzuständen. Auch sonst war auf der Scheibe kaum noch Guthaben. Kommt alles neu. Tja, so steht der Trümmerhaufen herum. Die Ordnung gleicht einer Explosionszeichnung und ich weiß garnicht recht wo ich denn anfangen soll. Also anfangen mit dem weiter machen :D

 

ganzschöner Knotenganzschöner Knoten

 

 

defekte Torsionsfeder 1defekte Torsionsfeder 1

 

defekte Torsionsfeder 2defekte Torsionsfeder 2

 

defekte Torsionsfeder 3defekte Torsionsfeder 3

 

 

Beim nächsten Artikel soll dann schon der Grußteil verkabelt sein, Getriebe drin, Ansaugung fertig sein und der Start unmittelbar bevor stehen. Ihr dürft gespannt sein. Ich bin selbst mal gespannt wie es weitergeht...

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Fri Dec 09 11:31:24 CET 2016    |    Audi-100-Avant

Es tut immer gut zu lesen, dass es anderen beim Schrauben am Audi genauso ergeht wie einem selbst. Du hast mein tiefstes Mitgefühl. Ich bin auch gespannt, wie Du das mit der freiprogrammierbaren Einspritzung auf die Reihe bekommst. Für die Inbusschrauben der Kardanwelle habe ich mir vernünftige Aufsätze für die 1/2-Zoll-Ratsche besorgt. Wenn man die Schraubenköpfe vorher gründlich reinigt, lassen sie sich anschließend mit der Ratsche auch gut lösen.

 

Ein besonderes Erlebnis meinerseits war mal der Wechsel des Hinterachsdifferentials im Freien natürlich auch ohne Hebebühne. Am ersten Tag (Ausbau) waren es nur 4°C. Das kostet schon etwas Überwindung. Am zweiten Tag (Einbau) war es nur halb so schlimm. Es waren 8°C.

Fri Dec 09 11:39:30 CET 2016    |    Tobner

Danke für dein Mitgefühl, schön, dass ich nicht allein so wahnsinnig bin :D

 

Naja ich hatte die Schraubenköpfe schön ausgepult, es gingen ja auch alle auf. Nur halt die eine nicht. Wer weiß woran es dort gescheitert ist. Wenn ich sehe, wie teuer die Gleichlaufgelenke sind (115Euro/Stk+ 80 für das Mittellager), vergeht mir gleich wieder die Lust :D

Fri Dec 09 12:54:30 CET 2016    |    Audi-100-Avant

Vor ein paar Jahren gab es das Mittellager noch nicht einzeln. Entweder man hat sich was mit BMW-Teilen zurecht gebastelt oder die Kardanwelle als Ganzes samt Mittellager gekauft. Das waren dann aber 1100 Euro oder DM, weiß ich nicht mehr genau. Aber die Mittellager halten wenigstens 20 Jahre.

Fri Dec 09 13:08:53 CET 2016    |    Tobner

Ja, eh ich ne neue komplett kaufe, würde ich aber dann lieber eine gebrauchte einbauen. Eine Gelenk muss ich wohl kaufen, weil ich die Ummantelung kaputt gemacht hab. Bei dem anderen Gelenk werde ich schauen, ob es Spiel hat und dann ggf nur auspühlen, neu fetten und weiter verwenden. Kupplung brauch ich auch noch, sowie die vorderen Antriebsgelenke getriebeseitig. Wird wohl ein teurer Winter.

Deine Antwort auf "freiprogrammierbare Einspritzanlage im Audi 80"

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Tobner Tobner


Infos zur Person... hmmm mal sehen...

 

Ich bin BJ 92 und vom Beruf Medizintechniker. Damit verdiene ich das Geld, was ich gleich wieder in meinen Fuhrpark investiere :rolleyes:

Ich schraube an so ziemlichen Allem, was Räder oder Ketten hat, sich fortbewegt, oder einfach nur Lärm und Qualm fabriziert. Mein Motto ist dabei: Normal kann jeder.

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