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Goify's Blog

Mobilität heute und andere Absurditäten

Tue Feb 28 21:20:06 CET 2012    |    Goify    |    Kommentare (70)    |   Stichworte: 100, Allrad, Audi, Auto 2000, C3, Oldtimer, Piech, quattro, Youngtimer

Heute ist der nächste Wagen in meiner Reihe der Fahrzeuge dran, die dieses Jahr erstmals ein H-Kennzeichen erhalten können. Nämlich der Audi Typ 44 oder auch 100 C3 genannt. Da ich euch nicht mit Wikipedia-Wissen langweilen möchte, habe ich ein wenig in diversen Büchern und Internetseiten geforscht und ein paar interessante Dinge zusammengetragen:

 

Audi auto 2000Audi auto 2000Bei diesem Auto gab es im Gegensatz zum 190er Mercedes schon zwei Vorgängermodelle, die nur teilweise als Basis benutzt wurden. Sondern vielmehr vergab das Bundesministerium für Forschung und Technik (BMFT) im Jahre 1978 einen mit 110 Mio. DM geförderten Forschungsauftrag, ein zukunftsfähiges Auto zu entwickeln, sozusagen einen Ausblick auf das Jahr 2000. Verschiedene Hersteller beteiligten sich daran, unter anderem VW mit dem im Blog von Italeri behandelten VW Auto 2000 oder auch Mercedes. Dieser Audi Auto 2000 wurde 1981 auf der IAA vorgestellt und nahm damit dem Audi 100 das Design vorweg und hatte sogar schon den sensationell geringen cw-Wert von nur 0,30 (der einzige Serienwagen, der einen solchen Wert eher erreichte, war die Göttin von Citroen, die DS). Technisch war er wohl einer der ersten mit dem heute häufig gebrauchten Begriff "Downsizing" zu bezeichnenden kleinen 1,6 Liter Turbo-Motor, welcher nach dem Vergaser die Luft verdichtete, sodass der Wagen damit 90 PS hatte und 180 km/h erreichte. Erstaunlich auch, dass er eben keine Einspritzung hatte, wo doch Audi schon damals Erfahrung mit diversen Ausführungen der Jettronic hatte.

Manche fragen sich wohl, warum man keinen TDI einbaute, wo dieser doch damals in der Entwicklung war. Ja, das stimmt, jedoch wurde die Entwicklung seitens VW gestoppt und so war der später entwickelte Fünfzylinder-Diesel damals noch nicht fertig und konnte somit bei diesem Forschungsfahrzeug nicht zum Einsatz kommen. Das war auch nicht weiter schlimm, da der Turbo-Benziner einen sehr geringen Spritverbrauch aufwies: 5,9 l /100 km bei 120 km/h.

 

AerodynamikAerodynamikSomit war die Basis geschaffen, um daraus einen Audi 100 zu generieren, welcher im Sommer 1982 käuflich erworben werden konnte. Was erhielt nun der Käufer, der für mindestens 21.600 DM einen Wagen der oberen Mittelklasse kaufte?

Er bekam dafür einen geräumigen Wagen, welcher sich vor der Konkurrenz nicht zu verstecken brauchte, denn mit 4792 mm Länge und 1814 mm Breite erhielt man eine sehr große Karosse mit sehr dünnen Säulen, sodass die Übersicht sehr gut war. Die flachen Scheiben sorgten zwar für ein größeres Aufheizen, als bei damaligen Mitbewerbern, aber auch nicht mehr, als heutzutage. Das Kofferraumvolumen betrug enorme 570 l.

Eine Besonderheit stellten die komplett flächenbündig mit Gummiprofilen eingepasst Scheiben dar, sodass einerseits der Luftwiderstand verringert wurde, aber andererseits die Windgeräusche deutlich leiser wurden. Auch sehr modern war die versenkte Anordnung der Scheibenwischer, was nicht nur der Sicherheit zu Gute kam.

Außerdem muss man erwähnen, dass die Bleche nicht nur bei Porsche, sondern auch bei Audi teilweise verzinkt wurden und ab der Modellpflege 1986 wurden durchgängig verzinkte Bleche verwendet. Dass komplette Karosserien in Zinkbäder getaucht wurden, ist ein Märchen, welches sich noch immer hartnäckig hält. Da die Rostvorsorge sehr gut war, kann man noch heute Exemplare mit wenig Korrosionsschäden finden, jedoch blüht der C3 eher im Verborgenen. Vielleicht ist auch die sprichwörtlich gute Rostvorsorge Schuld, dass doch nicht gerade wenige dem Rost zum Opfer vielen, denn der Ruf, ein Audi könne nicht rosten, sorgte dafür, dass sich wohl viele in falscher Sicherheit wiegten und glaubten, eine Rostprävention sei nicht mehr notwendig.

 

procon-tenprocon-tenAuch damals neu war das Sicherheitssystem procon-ten. Es umfasst Gurtstraffer für die vorne Sitze und ein beim Unfall nach vorne wegfahrendes Lenkrad. Die Funktionsweise ist ganz einfach: Es besteht aus einem Seil welches hinter dem Motorblock verläuft und mit einer Umlenkrolle an der Lenksäule und den Gurten befestigt ist. Dringt der Motor aufgrund eines Frontalunfalles Richtung Fahrgastzelle ein, spannt sich das Seil und die Gurte werden gespannt, sowie das Lenkrad nach vorne gezogen.

Leider hat das System zwei gravierende Nachteile, einerseits kann das mit Aufprallgeschwindigkeit wegschnellende Lenkrad die Kniegelenke zertrümmern und andererseits wird die Karosserie schon bei leichteren Unfällen irreparabel beschädigt, da die Seile durch die oberen Umlenkpunkte bei den Gurten die B-Säulen verbiegen können. Daher wurde aufgrund des massiven Drucks der Versicherungsgessellschaften dieses System später nicht mehr angeboten und durch pyrotechnische Gurtstraffer, sowie eine Sicherheitslenksäule ersetzt.

 

Quattro-AntriebQuattro-AntriebEin echtes Novum war der Allrad-Antrieb in einem so großen Auto. Nachdem der Vierradantrieb erfolgreich beim kleineren Bruder Audi 80 zum Einsatz kam, entschied man sich wohl aus mehreren Gründen dafür, auch die obere Mittelklasse damit auszustatten. Einerseits war der "quattro"-Schriftzug ein prima Marketing-Zugpferd und andererseits wurde dadurch das Fahrverhalten bei ungünstigen Witterungsverhältnissen deutlich verbessert. Aber nicht, weil nur zwei angetriebene Räder so schlecht wären, sondern weil damals alle Audi mit Motor längs vor der Vorderachse ein Problem mit dem Handling hatten - die Wagen untersteuerten sehr stark und hatten ein nicht ganz unproblematisches, leichtes Heck.

Der Einsatz eines 5-Zylinder-Motors anstelle eines R6 verbesserte die Situation nur wenig, der Allrad hingegen war jedoch wie geschaffen für das Auto, denn man hatte keine Probleme bei einem Längsmotor vor der Vorderachse einfach ein Verteilergetriebe an das Schaltgetriebe zu hängen, um die hinteren Räder zur Mitarbeit zu bewegen und konnte so die Achslastverteilung sichtlich verbessern. Was jedoch vielen Fahrern zum Verhängnis wurde, war die nochmals gesteigerte Traktion, die dazu führte, dass schlechte Haftungsverhältnisse auf der Straße oft viel zu spät erkannt wurden, sodass die Abflüge meist spektakulärer waren, als bei einachsgetriebenen Fahrzeugen. Manche munkeln, der Allrad wurde bei Audi nur deshalb eingeführt, weil eine sehr frühe und weitreichende Entscheidung bei der Entwicklung zugunsten eines Motors längs vor der Vorderachse gegen den Standard-Antrieb, zur mieslichen Situation mit der Fahrdynamik führte und man irgendwie versuchen musste, die Konkurrenz einzuholen.

Jahre später kam dann noch das Traktionsproblem bei frontangetriebenen Fahrzeugen mit mehr als 150 kW Motorleistung hinzu, weshalb heute fast alle Audis ab dieser Leistungsschwelle ausschließlich mit Quattro-Antrieb erhältlich sind.

 

Im Jahr 1983 wurde, wie schon beim Vorgänger, der Audi 200 nachgeschoben, sozusagen eine aufgewertete Variante mit gleicher Karosserie und mindestens 136 PS. Auffälligster Unterschied waren die größeren Stoßstangen, welche an das US-Modell erinnern sollen.

Im gleichen Jahr wurde auch die Kombi-Variante, Avant genannt, vorgestellt, welche durch ihre sehr flach stehende Heckscheibe recht gewöhnungsbedürftig ist. Er erinnert ein wenig an den Fließheck Passat damaliger Tage.

 

Audi 100 DuoAudi 100 DuoEine recht interessante Variante wurde im März 1990 auf dem Automobilsalon Genf vorgestellt: der Audi 100 Avant duo. Er war wohl einer der ersten Vollhybriden, auch wenn der Umschaltvorgang etwas umständlich war, denn um vom Benzinmodus auf Elektro umzuschalten, welcher einen E-Motor an der Hinterachse aktivierte, musste angehalten werden.

Diesen Wagen hat Hans schon in seinem hervorragenden Blog näher erläutert.

 

Noch eine persönliche Anekdote:

Im Jahre 1992 durfte ich als kleiner Knilch beim Bruder unseres damaligen Vermieters mitfahren, welcher mir auf spektakuläre Art und Weise demonstrieren konnte, wozu Audi fähig ist, nämlich über 200 Kilometer in der Stunde zurückzulegen. Niemals zuvor und auch nicht viele Jahre danach, bewegte ich mich so schnell durch Raum und Zeit. Es war einfach einmalig.

 

Hier noch der Werbeclip vom die Sprungschanze erklimmenden Audi 100 quattro, inkl. der Entstehung des Videos.

 

Audi 100Audi 100Audi 100 AvantAudi 100 AvantAudi 100Audi 100

 

Cockpit frühe SerieCockpit frühe SerieFaceliftFaceliftInnenraumInnenraum

 

 

Quellen:

Audi 100 Elektro - Vau-Max

Allgemeine Fanseite - langzeitauto.de

Audistory

Bilder: Klick,

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