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Motorsphere

Enttäuschung und Strafe: Honda CR-Z

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Ich stelle mich meinen Vorurteilen in Sachen Hybridtechnik und fahre Hondas legitimen Nachfolgerflitzer des CRX.

Ich hasse Hybridautos. Das ist insofern bemerkenswert, als das nicht immer so war. Toyotas ersten Prius zum Beispiel, den liebte ich, wie ich jedes Stück seltsame, andersartige Technik liebe. Doch dann geschah etwas Traumatisches: Leonardo diCaprio kaufte sich einen, genauso wie eine Million andere Bionadebiedermänner, die den Prius als eine Art bigottes Statement verwenden, das man zur Not auch fahren kann — solang der V8 in der Werkstatt steht zum Beispiel. Für meinen im Web abgeladenen Hybridhass habe ich auch Flakfeuer gekriegt. Das ist so der normale Stand der Dinge. Seit den Neunzigern bin ich im Netz ein Arsch, wenn ich bei jedem Flame War nachdenken würde, dann … müsste ich ja nachdenken. Geht nicht. Ausgeschlossen.

Ein Posting jedoch war besonders. Ein Priusbesitzer (Hallo, Marc!) schickte mir eine Flash-Schematik der Planetengetriebe-Kraftkopplung im Prius, einem Stück elegant gelöste Technik. Es hat mich daran erinnert, was ich vor langer Zeit nett am Prius fand. Es soll jetzt also keiner sagen können, dass ich mich meinen Vorurteilen nicht stelle, denn gestern habe ich meinen ersten Hybrid gefahren: den Honda CR-Z.

Dieses Auto ist sehr seltsam. Es hat ein manuelles Getriebe, einen kleinen Reihenvierzylinder mit 114 PS und einen kombinierten E-Motor / Schwungscheibe / Starter, der bis 14 PS und 78 Nm beisteuert. Bei der ersten Ankündigung hab ich ihn noch bei den kleinen Spaßwagen wie Mini Cooper oder den französischen schneller-Varianten ihrer Kleinwagen einsortiert. Er ist jedoch viel extremer, als seine bescheidene Motorleistung impliziert: Die Bodenfreiheit ist gering, ich habe beim Wenden auf einem Schotterparkplatz mit der Frontschürze bisschen Bagger gespielt. Die Sitze sind tief. Der Innenraum ist beengt und warm, ich habe auf der Autobahn die Fenster geschlossen und musste bei 17° C Außentemperatur die Klimaanlage einschalten (eine Krankheit vieler moderner Wagen). Es gibt eine Rückbank, die man gleich rausschmeißen sollte, weil darauf nur dann Liliputaner sitzen können, wenn man ihnen die Beine abschneidet.

Im großen Dachrückfenster sieht man die Wolken, im kleinen Senkrechtrückfenster sieht man nichts außer das schreckverzerrte halbe Gesicht der Oma, die man gerade beim Einparken überfährt. Und der Kofferraum ist ungefähr so groß wie meine Schreibtischschublade. Unter der Abdeckung dort sitzt ein Styroporteil, das die üblichen Werkzeuge hält, und darunter wiederum schwerpunktgünstig auf dem Bodenblech die Nickel-Metallhydrid-Batterie. Bis auf die Batterie jetzt ist es also ein perfekt aufgebrühter sinnloser Sportwagen im kleinen Espresso-Format. I like.

Beginn auf dem Handling-Parcours. Dazu hat Honda den Wagen zwei Zentimeter tiefergelegt, ansonsten ist alles Serie. Zwischen den Pylonen wird klar, dass die Optik zumindest bei so engen Kurven eins ihrer Versprechen hält. Das Chassis neigt sich merklich, die tiefer liegende Karosserie setzt dabei jedoch nirgends auf. Es verwindet sich auch wenig, das typische Kleinwagengefühl, bei ärgeren Fahrmanövern in einem großen Schuhkarton zu sitzen, fehlt — wozu auch der tiefere Schwerpunkt beiträgt.

Ja, ja, auf der Packung steht was von Sprit sparen drauf, aber Honda hat der Versuchung widerstanden, auf den CR-Z diese Spritsparreifen mit achtzig Prozent Holzanteil zu montieren. Das von der Insight-Plattform genommene und gekonnt angepasste Fahrwerk darf also funktionieren. Es hat Grip. Vielleicht weiß Honda, was andere Analysten wissen: Für potenzielle Käufer ist trotz allem grünen Umdenken der Spritverbrauch immer noch bestenfalls ein B-Argument. A-Argumente sind zum Beispiel: „will ich“, „sieht gut aus“, „fährt schön“ oder sogar „macht einen grünen Daumen“ für meinen Freund Leonardo.

Was der CR-Z nicht macht, ist rein elektrisch fahren. Das finde ich schade, ich mag die Möglichkeit, mich anzuschleichen. Jetzt musste ich doch wieder die letzten Meter zu Fuß gehen, als ich an die Außenwand des Polizeipräsidiums Frankfurt… aber lassen wir das. Der elektrische Motor ist generell überhaupt nur im Hintergrund vertreten, er fällt eigentlich nur durch das Marketing auf. Er sorgt brav für mehr Drehmoment, er hilft beim Sprit sparen und er tut das vor allem hinter den Kulissen. Es ist wie diese E-Fahrräder: Man denkt sich: so ein Scheiß, in Wirklichkeit sind jedoch beide, CR-Z und Pedelecs, Manifestationen von Technik, wie sie sein muss: einfach, transparent, unauffällig hilfreich.

Draußen auf den Landstraßen des — wo bin ich? — Odenwalds? geht das Konzept auf. Es gibt die mittlerweile allgegenwärtige Sport-Taste, die mehr elektrische Unterstützung liefert, bei gleicher Gaspedalstellung mehr Gas gibt und weniger Sprit spart. Sie ändert außerdem das Setting der Servolenkung. Da sollte man drauf drücken, sobald die erste Kurve in Sichtweite kommt, denn mit maximal 124 PS „Systemleistung“, wie sie Honda angibt, braucht man etwas Anlauf. Im Sportmodus tut man dann das, was in allen kleinen Autos so Laune macht: den Motor drehen, bis er Schrauben kotzt. Und dann noch ein bisschen mehr. Der E-Motor übernimmt dabei die Rolle eines Kompressors, er legt mit Hand beziehungsweise Drehmoment an, um das Auto aus der Kurve zu schleudern (im positiven Sinn jetzt). Ich kann mich daran erinnern, wie viel Spaß ich mit dem S 2000 im Regen hatte, bei jedem Abbiegen hängt der Arsch raus, und diesen Spaß macht der CR-Z bei Sonne.

Das hört sich nur für jemand nach Beleidigung an, der noch nie S 2000 im Regen gefahren ist. Es ist ein großes Kompliment. Wer hätt’s gedacht: Ein kleiner Hybrid verlangt geradezu kategorisch, dass man fährt, als hätte man sich beim Tanken die Hose angezündet. Und genau das habe ich getan. Also das mit dem Fahren jetzt, nicht das mit der Hose. Große Straßen jedoch sind langweilig, weil der CR-Z dafür zu wenig Leistung hat. Er joggt mit 180 die Autobahn entlang, wenn er genug Zeit hat, die zu erreichen. Alles nicht sein Ding. Sein Revier ist die Stadt, der Handling-Parcours, die nächtliche Spontanrennstrecke im Industriegebiet. Oder aktuell der Odenwald.

Plötzlich jedoch: Leistungsverlust! Was ist los? Sprit? Nein. Überhitzung? Sabotage? Frankfurter Polizei? Nein, alles nein, alles falsch. Es liegt an der Batterie. Sie ist leer. Ab einem bestimmten Ladestand gibt es keinen elektrischen Boost mehr. Das System verlangt dann implizit vom Fahrer, dass er sie auflädt. Das geht zum Beispiel beim Rollen im Schiebebetrieb oder etwas stärker beim leichten Betätigen der Bremse. Dann polt das System um, der Motor wird zum Generator, die Batterie lädt. Sie lädt sogar ziemlich schnell, aber der ungetrübte Spaß ist erstmal vorbei. Ich fühle mich mit dieser hundetrainerhaften Konditionierung ein bisschen unangenehm belehrt: „Wenn du bergauf wie ein Idiot fahren willst, musst du bergab fahren wie ein anderer Idiot: Leonardo diCaprio.“ Es ist alles kein großes Problem, eine rundere Fahrweise langt, um die Batterie auf Füllung zu halten.

Doch ist die Freiheit, wie ein Idiot zu fahren, nicht die Freiheit an sich? Wer hat das gesagt? Richard von Weizsäcker wahrscheinlich. Er würde den CR-Z dennoch gut finden. Ich würde ihn besser finden mit einem Kompressor plus einem Turbolader, die für Drehmoment und Ökonomie sorgen. Dann müsste ich mir nur um eine Energiesorte Sorgen machen. Aktuell ausgeführte Beispiele der Konkurrenz zeigen, dass Aufladung zu vergleichbaren Verbräuchen führt. Bleiben wir aber mal realistisch: Meine Meinung ist mitnichten massenkompatibel. Der CR-Z wird sich als Hybrid besser verkaufen, deshalb auch das entsprechende Marketing. Leonardo kann sich zum Beispiel einen kaufen und so tun, als hätte er keinen Spaß.

Das kleine Honda-Auto hat meine Vorurteile enttäuscht, indem es als Ganzes toll ist. Es hat mich außerdem regelrecht bestraft für meine Fahrweise, mich zu einer runderen gezwungen. Wer will bei gut 100 PS für 1200 kg schon wegen einer leeren Batterie auf den E-Motor verzichten, der in vielen Bereichen das verfügbare Drehmoment verdoppelt? Er ist hochgradig unpraktisch, sogar gemessen an anderen Lifestyle-Kleinkarren wie dem Mini, dem Alpha Romeo MiTo oder dem Fiat 500. Und trotzdem: Aus diesem Quartett würde ich den CR-Z nehmen und gucken, wie ich das keilförmige Auto in die quadratische Passung meines Alltags hämmern kann.

Honda CR-Z

Ist: ein Hybrid mit Schaltgetriebe im Sportwagen-Dressing

Kostet: 21.990 Euro (Basisversion)

Leistet: 114 PS (84 kW) bei 6000 U/min plus 14 PS bei 1500 U/min

Stemmt: 145 Nm bei 4800 U/min aus 1497 ccm plus 78 Nm bei 1000 U/min

Wiegt: 1245 kg leer

Tankt: 40 Liter Super.

Hat: mir die Hose angezündet

 

Quelle: Mojomag

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